Vorbereitungen zur Wärmestrategie 2019 Onlinekonsultation, Fokusgruppen und Ergebnisse des Stakeholderprozesses

Der Beteiligungsprozess zur Erarbeitung der Österreichischen Wärmestrategie startete 2019 mit der Auftaktveranstaltung am 12. Februar 2019 und wurde mit einer Onlinekonsultation fortgesetzt. Parallel fanden im Mai 2019 sechs Fokusgruppensitzungen zu zentralen Themen und Zielen – damals der #mission2030 – im Hinblick auf eine zukunftsfähige Wärmeversorgung in Österreich statt.

Bauarbeiten an der Fassade
Bauarbeiten an der Fassade, Foto BMLRT / Alexander Haiden

Online-Konsultation

Vom 6. Mai bis zum 7. Juni 2019 konnten Interessierte ihre Ideen und Vorschläge zur vollständigen Dekarbonisierung des österreichischen Wärmemarktes über einen Online-Fragebogen einbringen. Mehr als 450 Personen und Institutionen nahmen diese Gelegenheit wahr. Die Fragen basierten im Wesentlichen auf den Ergebnissen der Vorarbeiten (Österreichische Klima- und Energiestrategie – #mission2030 aus 2018, Entwurf zum Nationalen Klima- und Energieplan NEKP). Die Ergebnisse der Online-Konsultation finden sich im unten angeführten Bericht zu den Ergebnissen des Stakeholder-Prozesses.

Fokusgruppen zur Wärmestrategie

In den Sitzungen der 6 Fokusgruppen im Mai 2019 wurden zentrale Themen im Kleingruppenformat diskutiert:

  • Thermische Sanierung,
  • Raus aus fossilem (Heiz-)Öl,
  • Phase Out fossiles Gas,
  • Hürden für den Einsatz erneuerbarer Energie,
  • Prozesswärme, betriebliche Wärme, Abwärme und
  • Steuern.

Die Ergebnisse fanden Einzug in die weitere inhaltliche Erarbeitung der Wärmestrategie beziehungsweise des finalen nationalen Energie- und Klimaplans (NEKP).

Zu den Fokusgruppen waren unter anderem Interessensvertretungen, Fachexpertinnen und -experten, Vertretungen aus Unternehmen sowie aus der Verwaltung des Bundes und der Länder eingeladen. Ziel war, dass von möglichst vielen Stakeholdern die unterschiedlichen Perspektiven und Interessenslagen eingebracht und diskutiert werden. Diese Inhalte flossen bzw. fließen in den noch laufenden Abstimmungsprozess mit den Bundesländern ein. Die Ergebnisse der Fokusgruppen finden sich im unten angeführten Bericht zu den Ergebnissen des Stakeholder-Prozesses.

Ergebnisse des Stakeholder-Prozesses zur Wärmestrategie

Zur Vorbereitung der Österreichischen Wärmestrategie wurden auf Basis der Ergebnisse der Online-Konsultation und der Fokusgruppen acht relevante Themen gemeinsam mit der ÖGUT GesmbH identifiziert. Im Folgenden sind die Ergebnisse des Stakeholderprozesses kurz zusammengefasst, ausführlichere Details sind im Endbericht (PDF, 2 MB) zu entnehmen.

1. Ausstieg aus fossilem (Heiz-)Öl

Ein zügiger Umstieg bestehender Ölheizungen auf erneuerbare Systeme wie Wärmepumpe, Biomasse oder Fernwärme aus erneuerbaren Quellen und Abwärme soll bis 2035 die Hälfte der derzeitigen Ölheizungen ersetzen. Wichtig dabei ist auch, die Gebäudeenergieeffizienz zu optimieren.

2. Phase‐Out fossiles Heizgas und "Grünes Gas"

Eine zentrale Frage ist, in welchem Ausmaß künftig „Grünes Gas“ aus erneuerbaren Energiequellen in Österreich und weltweit unter Berücksichtigung der verfügbaren Ressourcen erzeugt werden kann.
Die zweite Frage ist, in welchen Bereichen dieses "Grüne Gas" künftig zum Einsatz kommen soll. Da zur Wärmeversorgung unterschiedliche Optionen bestehen, ist es wirtschaftlich und ökologisch zweckmäßig, durch Energieraumplanung Vorranggebiete für leitungsgebundene Wärmeversorgungsmöglichkeiten wie Fernwärme oder künftig "Grünes Gas“ festzulegen. Damit sollen ein Parallelausbau der Infrastrukturnetze vermieden und die Kosten verringert werden.

3. Thermisch‐energetische Sanierung

Hohe Energieeffizienz im Gebäudesektor ist die Voraussetzung, um den Energiebedarf weitestgehend mit Erneuerbaren decken zu können. Um dies zu erreichen, wird ein differenzierter Instrumentenmix aus Förderungen, Beratung und Information, Baurecht, Wohnrecht und steuerlichen Anreizen benötigt.

Voraussetzung über alle Unterschiede hinweg ist das Vorliegen von Gesamtsanierungskonzepten, damit Sanierungsmaßnahmen – ob in einem Zug oder als Teilschritte – in tiefe und umfassende Sanierungen münden und Lock‐In‐Effekte vermieden werden.

4. Prozesswärme und Abwärme

Für diesen Bereich wurden eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz, ein Dekarbonisierungspfad bis 2040 und eine konsequente Umsetzung der vorhandenen Potenziale als Zielvorgaben definiert. Stabile gesetzliche Bedingungen, Förderungen, Ausfallshaftungen oder Garantiemodelle können betriebswirtschaftliche Hemmnisse beim Einsatz Erneuerbarer Energien und Abwärme überwinden. Auf technischer Seite wird künftig die gemeinsame Betrachtung von Wärme‐ und Kühlstrategien in Verbindung mit Speichertechnologien immer wichtiger. In diesem Segment wird noch Forschungs‐ und Entwicklungspotenzial gesehen.

5. Erneuerbare Wärmeerzeugung und Hürden für deren Ausbau

Gebaute Infrastrukturen weisen lange Erneuerungszyklen auf und werden meist über die geplante Lebensdauer hinaus (siehe Gründerzeithäuser) genutzt. Grundsätzliche Fragen zur Bebauungsstruktur und Wärmeversorgung werden auf Quartiers‐ beziehungsweise Stadtteilebene entschieden. Um eine umfassende Dekarbonisierung in der Wärmeerzeugung zu bewerkstelligen, müssen eine langfristige Wärmenutzungsplanung koordiniert und die politischen Rahmenbedingungen jetzt in die richtige Richtung gesetzt werden.

6. Förderungen

Die Instrumentenwahl sollte zielgruppenorientiert (Gebäudekategorien, Nutzerinnen und Nutzer) erfolgen und die einzelnen Instrumente (zum Beispiel steuerlichen Maßnahmen, Maßnahmen im Ordnungsrecht und der Vergabe von Förderungen) müssen gut aufeinander abgestimmt werden. Eine bessere wirkungsorientierte Ausrichtung der bereits bestehenden Förderungen und bei der Implementierung von neuen Instrumenten sowie eine langfristige budgetäre Absicherung, zum Beispiel mit mehrjährigen Fördersystemen, sind notwendig.

Förderungen müssen sozialverträglich ausgerichtet sein und sollen im Bedarfsfall als Komplementärinstrumente zur Abfederung von sozialer Unausgeglichenheit eingesetzt werden.

7. Steuern und Abgaben

Die Einnahmen aus Öko-Steuern (u.a. MÖSt, NoVA, Flugticketabgabe, Energieabgaben) beliefen sich im Jahr 2019 auf 9,8 Milliarden Euro (2,5 % mehr als 2018). Mehr als die Hälfte aller Öko-Steuern, nämlich 57,1%, entfielen 2019 auf Energiesteuern, gefolgt von den Transportsteuern mit 34,8 %. Die restlichen rund 8 % verteilten sich auf die Ressourcensteuern (7,4 %) und auf die Umweltverschmutzungssteuern (0,7 %). Der Anteil der Öko-Steuern an den Steuern insgesamt liegt im Jahr 2019 bei 8,9 %. Die ökologisch relevanten Zahlungen (u.a. Wasser- und Abwassergebühren, Parkgebühren sowie Einnahmen aus der Autobahnvignette, LKW Road Pricing) betragen jetzt 4,5 %. Der gemeinsame Anteil aller umweltrelevanten Steuern und Abgaben an den Steuern insgesamt beläuft sich 2019 auf 13,4 %.

(Quelle: „Umweltgesamtrechnungen Modul – Öko-Steuern 2019 – Zeitreihe 1995 – 2019 – Endgültige Ergebnisse“ (→ Statistik Austria, 2021), insbesonders Seiten 12 und 22)

Als besonders wichtig werden steuerliche Maßnahmen zur Unterstützung der Dekarbonisierung des Wärmesektors,  wie beispielsweise eine verkürzte Absetzbarkeit oder Förderung von für Investitionen bei thermischer Sanierung oder Heizsystemtausch, gesehen. Zur Finanzierung werden – neben einer Bepreisung von Treibhausgasemissionen und insbesondere von CO2 – vor allem Maßnahmen im Bereich des Fördersystems identifiziert (Investitionsförderung, kontraproduktive und Doppelförderungen abschaffen, CO2‐Reduktion als Kriterium).

8. Wohnrecht

Im Wohngebäudebestand resultieren zentrale Hemmnisse aus den jeweiligen Eigentumsformen beziehungsweise Anwendungsbereichen des Wohnrechts (insbesondere dem Wohnungseigentumsgesetz, dem Mietrechtsgesetz). In Gebäuden, die dem Mietrechtsgesetz (MRG) unterliegen, scheitern thermische Sanierungen vielfach an der kontroversen Frage, wie die Kosten der Maßnahmen auf Eigentümer, Eigentümerinnen und die Nutzenden aufgeteilt werden. Im Anwendungsbereich des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) erschwert die schwierige Einigung bei Beschlüssen durch eine große Zahl an Eigentümerinnen und Eigentümern sowohl das Ansparen einer entsprechenden Rücklage als auch die Einigung auf die durchzuführenden Sanierungsmaßnahmen.

Dank

Das Interesse sämtlicher Stakeholder, sich bei der Erarbeitung der Wärmestrategie zu beteiligen, war und ist sehr groß und die Vielfalt der Beteiligten stellt ein facettenreiches Bild der Einschätzungen und Meinungen sicher. Wir bedanken uns sehr herzlich bei allen, die sich bisher mit Ihrer Expertise in diesen Beteiligungsprozess eingebracht haben – und all jenen, die uns auch weiterhin mit Ihrer Expertise unterstützen.

Endbericht Stakeholder-Prozess (PDF, 2 MB)

Zuständig

Bundesministerium für Klimaschutz, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK)
Abteilung VI/6 – Energieeffizienz und Wärme
E-Mail: vi-6@bmk.gv.at