2013 UN-Klimakonferenz in Warschau (COP 19) 19. Weltklimakonferenz

Auch diesmal musste der Klimagipfel in die Verlängerung gehen, um ein Ergebnis zu erzielen. Dabei konnte ein konkreter Fahrplan für die Verhandlungen in den nächsten zwei Jahren beschlossen werden.

Die vom Klimawandel am meisten Betroffenen sind oft nicht die Hauptverursacher des Klimawandels. Sie benötigen dringend Hilfe, um notwendige Anpassungsmaßnahmen setzen zu können und um mit den enormen Schäden zu Recht zu kommen. Der Taifun Haiyan auf den Philippinen hat auch die TeilnehmerInnen der UN-Umweltkonferenz in Warschau nachdrücklich daran erinnert, dass unter den Klimaveränderungen vor allem die Menschen in den ärmsten Ländern der Erde leiden.

Die Katastrophe auf den Philippinen ist derzeit in aller Munde. Andere Regionen rücken erst bei der nächsten Katastrophe wieder ins Bewusstsein. Wie zum Beispiel wiederkehrende Dürrekatastrophen, die in immer heftigerem Ausmaß etwa in der Sahelzone oder am Horn von Afrika die Lebensgrundlagen der Menschen zerstören.
Viele Entwicklungsländer versuchen sich mit Anpassungsmaßnahmen besser auf die nächste Katastrophe vorzubereiten. Doch die finanziellen Möglichkeiten sind begrenzt.

„Wenn wir 24 Taifune in einem Jahr haben, dann ist das jenseits unserer Möglichkeiten“, betont Alicia Ilaga, Delegationsmitglied der Philippinen. „Die Wissenschaft zeigt klar, dass ein bedeutendes Ausmaß des Klimawandels unvermeidlich ist“, sagte Christiana Figueires, die Generalsekretärin des UN-Klimasekretariats. „Der Taifun Haiyan ist nur das letzte einer Reihe von extremen Wetterereignissen, und wir wissen, dass weitere folgen werden.“

Aufsehen erregte 2013 auch eine Familie aus Kiribati, die darum kämpfte, offiziell als Klimaflüchtling in Neuseeland anerkannt zu werden. Das Insel-Archipel Kiribati ragt nur wenige Meter aus dem Waser und ist durch den steigenden Meeresspiegel bedroht. Der Antrag wurde im Oktober dieses Jahres abgelehnt.

Fortschritte im globalen Klimaschutz notwendig

Mit Beginn der Verhandlungen in Warschau betonten  zahlreiche renommierte Forschungsinstitutionen die Notwendigkeit von Fortschritten bei den Klimaverhandlungen. Um das 2-Grad-Ziel zu erreichen, sei es entscheidend, noch in diesem Jahrzehnt ein globales Klimaabkommen umzusetzen, so eine Studie unter der Leitung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und der Fondazione Eni Enrico Mattei (FEEM). Andernfalls würde es sowohl im Hinblick auf die nötigen Emissionsreduktionen als auch auf die ökonomischen Folgen wesentlich schwieriger werden, das Ziel noch zu erreichen.

Während heftige Diskussionen die Gemüter der TeilnehmerInnen der Klimakonferenz in Warschau erhitzten, wurde das diesjährige Ergebnis des „Global Carbon Project“ präsentiert. Der Ausstoß von Kohlendioxid durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe erreichte 2012 mit 36 Milliarden Tonnen einen neuen Rekordwert. Der Ausstoß an CO2 lag damit 58% über dem Treibhausgasausstoß von 1990. Für 2013 ist eine weitere Zunahme um 2,1% prognostiziert. „Um diesen Trend umzukehren, sind rasche Fortschritte bei den internationalen Klimaverhandlungen notwendig“, äußerte Corinne Le Quere, der wissenschaftliche Leiter des Tyndall-Zentrums in Großbritannien.

Einschätzung der Ergebnisse der Klimakonferenz

Die  Ergebnisse der Klimakonferenz werden von den Medien und Umweltorganisationen als dürftig und unzureichend bezeichnet. Aus Protest gegen die mangelnden Verhandlungsfortschritte haben zahlreiche Umweltorganisationen die Konferenz verlassen – erstmalig in der Geschichte der Klimaverhandlungen.
Christiana Figueres, Generalsekretärin des Sekretariat der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen,  meinte, dass die Warschauer Konferenz die Staaten zwar näher zu einer Vereinbarung im Jahr 2015, aber nicht zu einer Welt mit weniger als zwei Grad Erderwärmung gebracht habe.

Für EU-Klimakommissarin Connie Heedegard haben die letzten Stunden der Konferenz gezeigt, „dass wir in der Lage sind, uns nach vorne zu bewegen. Es gebe sicherlich schnellere und ebenere Wege nach Paris, aber wir haben die Reise begonnen, jetzt müssen wir es dorthin schaffen“. Für die Schweizer Delegation sind die Ergebnisse dürftig, vor allem daher, dass es keine Einigung zu den Modalitäten der künftigen Reduktionsverpflichtungen gegeben hat, weder zum Verpflichtungszeitraum noch zur Formulierung von klaren, messbaren und bedingungslosen Verpflichtungen.

Um das Ziel, den neuen Weltklimavertrag 2015 in Paris mit verbindlichen Reduktionszielen zu unterzeichnen, erreichen zu können, warten enorme Aufgaben auf die VerhandlerInnen.  Die nächste Klimakonferenz findet Ende 2014 in der peruanischen Hauptstadt Lima statt.

Ergebnisse im Detail

Fahrplan zu einem neuen Weltklimaabkommen

In Warschau wurde ein konkreter Fahrplan samt Meilensteinen zum neuen Weltklimavertrag vereinbart, der ab 2020 gelten und bei der Klimakonferenz 2015 verabschiedet werden soll. Der Vertrag soll alle Staaten dazu bringen, ihre Treibhausgas-Emissionen massiv zu reduzieren. Konflikte bis zum Ende der Konferenz ergaben sich aus der Debatte, in welcher Form die traditionellen Industrieländer wie z.B. die USA und Europa zum Klimaschutz beitragen und wie die Schwellen- und Entwicklungsländer, darunter auch China.

Schwellenländer

Vor allem die Schwellenländer sehen historisch betrachtet die westlichen Industriestaaten für heutige Klimaprobleme verantwortlich und fordern ein Recht auf Entwicklung ein. China und Indien beharrten darauf, dass arme und reiche Länder unterschiedlich behandelt werden müssen. Die EU hat mit dem Beschluss von Warschau erreicht, dass auch Entwicklungs- und Schwellenländer bis 2015 Ziele für die Beschränkung ihrer Treibhausgasemissionen vorlegen sollen.

Damit haben sich die Industrieländer formal durchgesetzt: Alle Länder sind beim Klimaschutz grundsätzlich in einer Kategorie. Allerdings wurden die Ansprüche abgeschwächt: Während in früheren Fassungen noch von "Verpflichtungen" die Rede war, sollen es nur noch "Beiträge" sein. Allerdings ist noch ungeklärt, wie bindend „Beiträge“ im künftigen Abkommen sein werden. Es sind alle Länder eingeladen, ihre beabsichtigten Beiträge bis zum ersten Quartal 2015 publik zu machen. Wie diese Beiträge aussehen werden, ist offen.  Meldungen wie die erst jüngst bekannt gewordene Abschwächung der japanischen  Emissionsreduktionsziele bis 2020 oder der im Vorjahr von Kanada vollzogene Austritt aus dem Kyoto-Protokoll gelten als deutlicher Rückschritt.

Loss and Damage  (L&D)

Die Verhandlungen über Verluste und Schäden standen auf der Prioritätenliste der Entwicklungsländer ganz oben. Sie forderten damit Unterstützung von Industriestaaten im Umgang mit Klimafolgen wie Schäden durch Taifune oder Dürre, die bereits nicht mehr zu vermeiden sind. Zu den Schäden zählen zum Beispiel Ernteausfälle durch Dürren oder  der Landverlust von kleinen Inselstaaten durch den steigenden Meeresspiegel.

Die Industrieländer befürchteten, durch ein solches Abkommen enorme Summen im Fall von Naturkatastrophen zahlen zu müssen. Auch wurden Befürchtungen laut, dass der Aufbau einer L&D Organisation in Konkurrenz zum Grünen Klimafonds stehen könnte. Mit der Schaffung des „Internationalen Warschauer  Mechanismus“ konnten die Entwicklungsländer einen gewissen Erfolg für sich verbuchen. Damit wird anerkannt, dass arme Staaten Unterstützung beim Umgang mit Klimafolgen erhalten sollen.  Vorerst sollen wissenschaftliche Erkenntnisse gesammelt und das Wissen bestehender Institutionen verknüpft werden. Wesentliche Entscheidungen zum neuen Mechanismus sollen bei der 22. Klimakonferenz 2016 vereinbart werden.

Grüner Klimafonds

Für den bereits 2010 in Cancun vereinbarten Grünen Klimafonds wurde ein neuer Fahrplan beschlossen, der es ermöglichen soll, dass die Industrieländer bereits ab 2014 einzahlen können. Daraus sollen ärmere Länder Mittel für ihre klimafreundliche Entwicklung und die Anpassung an die Klimaschäden erhalten.
Einige Industrieländer, darunter auch Österreich, kündigten an, noch in diesem Jahr Mittel für den schon bestehenden kleineren Anpassungsfonds bereitzustellen, um eine seit zwei Jahren bestehende Finanzlücke von 100 Millionen Dollar (74 Millionen Euro) zu füllen.

Der Schritt der Industrieländer galt als wichtig, um das Vertrauen der Entwicklungsländer in den Verhandlungsprozess zu erhalten. Weitere konkrete Zusagen blieben jedoch aus. Ab 2020 soll der Grüne Klimafonds übrigens jährlich mit 100 Milliarden Euro gespeist werden, eine Lösung zur verlässlichen Finanzierung gibt es bisher noch nicht.

Waldschutz

Als Erfolg wurde die Einigung auf einen gemeinsamen Waldschutz (v.a. Tropenwald) in Entwicklungsländern gewertet. Festgelegt wurde darin, unter welchen Bedingungen ärmere Länder wie Indonesien oder Brasilien finanzielle Mittel für den Schutz der Wälder erhalten können. Sie müssen dabei die Einwohner der Wälder ebenso berücksichtigen wie die Artenvielfalt. Damit sollen Rodungen der Wälder unterbunden werden.

UN-Generalsekretärin Christiana Figueres sagte, dies werde helfen, die Freisetzung von Kohlendioxid durch die Zerstörung der Wälder deutlich zu reduzieren. Diese trägt derzeit zu rund 20 Prozent zum menschengemachten Treibhauseffekt bei. In Warschau wurde beschlossen, genauer zu erforschen, in welchem Maße Baumanpflanzungen dem Klima nutzen.

Berichte der Entwicklungsländer und deren Überprüfung

Ein weiterer Erfolg auf technischer Ebene gelang im Bereich des Berichtswesens über Klimaschutzmaßnahmen. Nach 4 Jahren intensiver Verhandlungen konnte man sich in Warschau auf die Regelungen zur Überprüfung der im Zweijahresrythmus vorzulegenden Berichte der Entwicklungsländer einigen. In diesen Berichten werden die Klimaschutzmaßnahmen und die damit erzielten Reduktionen dargestellt. Zusammen mit den bereits seit längerem vorliegenden Regelungen für Industrieländer ist nun das Instrumentarium des sogenannten „Monitoring, Reporting & Verification“ komplett.