Konferenz 2024 Just Transition
Wie gestalten wir eine sozial gerechte Klimapolitik? Diese Frage stand im Mittelpunkt der ersten Just Transition Konferenz in Österreich. Hochkarätige Gäste und Expert:innen diskutierten dabei Themen wie Green Jobs, Frauen in der Klimakrise, die sozial gerechte Gestaltung von Klimaschutzmaßnahmen sowie die EU-Perspektive zu Just Transition. Erfahren Sie mehr über die Schwerpunkte der Konferenz.
Inhaltsverzeichnis
Ein gerechter Übergang in eine klimaneutrale Zukunft – also eine Just Transition – bedeutet, die Chancen sowie auch die Kosten der Transition gerecht zu verteilen und dabei niemanden zurückzulassen. In den vergangenen Jahren hat das Klimaschutzministerium (BMK) bereits zahlreiche Maßnahmen für einen sozial gerechten Übergang umgesetzt. Allen voran wurde der Just-Transition-Aktionsplan: Aus- und Weiterbildung 2022 veröffentlicht.
Mit der ersten Just Transition Konferenz des BMK wurden im September 2024 neben erfolgreich umgesetzten Projekten auch bislang weniger beleuchtete Themen der Just Transition aufgezeigt. Die Konferenz hat eine wichtige Dialogplattform geboten, um gemeinsam nachhaltige Lösungen weiterzuentwickeln. Neben hochkarätigen Speaker:innen wie Oliver Röpke, Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, Bundesministerin Leonore Gewessler und Karl Steininger, Leiter des Wegener Center für Klima und Globalen Wandel an der Universität Graz haben Expert:innen aus den jeweiligen Fachbereichen ihre Projekte vorgestellt.
Green Skills: Jobs für eine erfolgreiche Energiewende
Die erfolgreiche Transformation hin zu einer klimafitten Wirtschaft und Gesellschaft setzt qualifizierte und gut ausgebildete Arbeitskräfte voraus. Im Zuge der Klima- und Energiewende verändern sich die Anforderungen an die Beschäftigten: Während in einigen Sektoren traditionelle Tätigkeiten wegfallen, entstehen in anderen Bereichen neue Chancen. Gezielte Förderungen von Umschulungen sowie Aus- und Weiterbildungen im Umwelt- und Klimabereich sind notwendig, um diese Veränderungen für alle Betroffenen gerecht zu gestalten.
„Wichtig ist, Transformation, Demografie und Digitalisierung zusammendenken: In gewissen Berufen, wo viele Leute den Arbeitsmarkt verlassen werden, kommt wenig nach. Hier ist es wichtig genau zu schauen, wie die Altersstruktur in den Betrieben und spezifischen Branchen aussieht – das ist derzeit noch zu wenig der Fall“, meint Julia Bock-Schappelwein, Senior Economist WIFO.
Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Sichtbarkeit und Attraktivität dieser neuen Berufsbilder, insbesondere für junge Menschen: Mit der Green-Jobs-Kampagne des Klima- und Energiefonds wird Jugendlichen die breite Palette an Karrieremöglichkeiten in sicheren und für unsere Klimawende zentralen Jobs gezeigt. Bei der Konferenz wurde zudem betont, dass junge Menschen ganz bestimmte Erwartungen und Anforderungen an den Arbeitsmarkt haben.
„Sie wollen nicht nur in Green Jobs arbeiten, sondern auch aktiv mitgestalten und entscheiden können. Darüber hinaus müssen auch die anderen Rahmenbedingungen passen – von Arbeitszeiten, Gehalt und bis zum sozialen Umgang“, fasst Pia Gsaller, Vida Funktionärin und Lehrling bei der ÖBB zusammen.
„Meine Erwartungen (Anmerkung: an den Beruf Elektrotechnik) haben sich alle erfüllt und ich bin sehr glücklich. Am Anfang meiner Ausbildung war mir um ehrlich zu sein gar nicht bewusst, dass ich da einen Green Job erlerne – da bin ich dann erst Laufe meiner Ausbildung erst darauf aufmerksam geworden“, meint Bianca Hebenstreit, Elektrotechnikerin.
Das BMK unterstützt zudem auch die Umweltstiftung, die das Ziel verfolgt, Menschen eine neue Perspektive in Klimajobs zu bieten. Sie setzt sich für die Ausbildung, Höherqualifizierung und Integration von arbeitslosen Menschen am österreichischen Arbeitsmarkt ein, insbesondere für Menschen mit Migrationsbiographie.
„Es ist wichtig rauszugehen und die Menschen aktiv anzusprechen. Aufgrund von oftmals vorhandenen Sprachbarrieren hat diese Gruppe einen höheren Qualifizierungsbedarf, und auch interkulturelle Herausforderungen gilt es zu managen. Die Umweltstiftung bietet gezielt Coachings an, um diese Zusammenarbeit zu fördern“, erklärt Paul Köfler, Geschäftsführer Aufleb (Umweltstiftung).
Julia Bock-Schappelwein betont, dass durch Programme wie die Umweltstiftung Menschen einen formalen Abschluss erhalten, der wiederum weitere Berufsperspektiven öffnet. Somit veranschaulicht die Maßnahme gut, wie ein sozial ökologischer Wandel gefördert werden kann.
„Betriebe haben durch den Just-Transition-Prozess des BMK ein verstärktes Bewusstsein für die Chancen der Transformation bekommen. Das ist die Basis für Veränderung, wie die Anpassung der Geschäftsmodelle und der Ausbildungsberufe. Wir benötigen dafür positive Beispiele und Vorreiter, die den anderen Unternehmen auch als Blaupause dienen können“, sagt Alexander Rauner, Referent Bundessparte Gewerbe und Handwerk, WKO.
Gerechtigkeit im Klimaschutz: Strategien gegen soziale Ungleichheit
Menschen mit den niedrigsten Einkommen tragen in Österreich am wenigsten zum Ausstoß von CO2-Emissionen und damit zur Klimakrise bei. Jedoch sind sie diejenigen, die am stärksten von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen sind und sein werden. Die soziale Verträglichkeit der Transformation muss umso stärker in den Fokus gerückt werden: Es ist wichtig, auf einkommensschwache Haushalte und armutsbetroffene Menschen zu achten. Jede und jeder muss die Möglichkeit haben, mit dem Wandel auch mitgehen und profitieren zu können.
„Ärmere Haushalte sind besonders durch die steigenden Heizkosten betroffen, während Haushalte mit höheren Einkommen pro Kopf mehr CO2-Emissionen verursachen. Der Klimabonus erweist sich als wirksames Instrument zum sozialen Ausgleich, indem ärmere Haushalte profitieren“, meint Karl Steininger, Professor für Climate Economics und Sustainable Transition, Leiter des Wegener Center für Klima und Globalen Wandel, Universität Graz.
Das BMK hat bereits einige Maßnahmen in der Umsetzung um einkommensschwache Bevölkerungsgruppen zu erreichen – zum Beispiel die Förderprogramme „Sauber Heizen für Alle“, „Sanierung und Kesseltausch: klimafitte Gebäude für Schutzbedürftige“, oder „Energiesparen im Haushalt: Beratung & Gerätetausch“. Gleichzeitig muss der Zugang zu einer emissionsfreien Mobilität erleichtert werden. Das Klimaticket ist dafür schon einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung.
„Wer profitiert von Umweltförderungen? Und wen lassen wir vielleicht noch zurück? Soziale Gerechtigkeitsaspekte bei zukünftigen Fördervorhaben verstärkt einzubeziehen ist notwendig. Hierfür ist es auch unerlässlich direkt die Perspektive und Lebensumstände von Betroffenen zu berücksichtigen“, betont Caroline Nwafor, Leiterin Koordinierungsstelle für die Bekämpfung von Energiearmut im Klima- und Energiefonds.
Insbesondere für Frauen sind Klimakrise und Hitzeextreme belastend. Denn sie arbeiten häufig mit hitzeempfindlichen Gruppen, zum Beispiel in der Pflege. Zudem erhöht zunehmender Hitzestress das Gewaltrisiko für Frauen, einerseits zu Hause und andererseits in der Arbeitswelt. Es müssen daher die Arbeitsbedingungen in frauendominierten Berufen verbessert und gleichzeitig die zusätzliche Belastung von Frauen durch Sorgearbeit in der Klimakrise verringert werden.
„Klimapolitik erfordert nicht nur technologische Lösungen, sondern auch eine Neu-Gestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft. Soziale Dienstleistungen sind ein zentraler Bestandteil der Just Transition. Öffentliche Investitionen sollen sicherstellen, dass Einrichtungen wie Kindergärten, Spitäler und Altenheime klimafit werden“, fasst Carina Altreiter, Referentin in der Abteilung Frauen und Familie, Arbeiterkammer Wien zusammen.
Das gesellschaftliche Verständnis von einem gerechten Übergang verändert sich kontinuierlich. Der Just-Transition-Prozess des BMK und die Maßnahmen müssen damit Schritt halten und den Veränderungen Rechnung tragen. Ein Beispiel für eine Maßnahme, die diese beiden Aspekte – Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit – miteinander verbindet ist der Klimabonus. Die CO2-Bepreisung und Rückverteilung an alle, in Form des Klimabonus, schafft einen finanziellen Anreiz für klimafreundliches Verhalten, ohne vulnerable Gruppen in finanzielle Bedrängnis zu bringen. Damit haben wir eine Maßnahme gesetzt, die klimafreundliches Verhalten belohnt und sozial umverteilt.
„Mit dem dargelegten Plan für einen sozialen und ökologischen Umbau haben wir als AK Wien bereits umfassend dargelegt, welche Maßnahmen wir in Österreich brauchen. Heute sieht man, wenn viele Leute anpacken und etwas weiterbringen wollen, kommt einiges in Gang. Jetzt gilt es das Tempo weiter zu erhöhen und diese Maßnahmen in die Tat umzusetzen“, meint Christa Schlager, Leiterin der Abteilung Wirtschaftspolitik, AK Wien.
EU-Perspektive Maßnahmen für einen fairen Wandel
Auch auf EU-Ebene ist die sozial gerechte Gestaltung der Klimapolitik von hoher Bedeutung und Voraussetzung für den erfolgreichen Übergang zur Klimaneutralität. Instrumente wie der Just Transition Fonds und der Klimasozialfonds sind wichtige Schritte, auf die in der nächsten Legislaturperiode aufgebaut werden kann. Dafür plädiert auch der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss.
„Bei der Bewältigung der tiefgreifenden Veränderungen des grünen Wandels dürfen wir niemanden zurücklassen. Der Europäische Green Deal ist eine enorme Chance, aber sein Erfolg hängt von unserem Engagement für einen fairen und integrativen Ansatz ab. Der Wandel muss über den Klimaschutz hinausgehen – er muss auch die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen berücksichtigen, um bedürftige Gruppen und Arbeitnehmer zu schützen. Indem wir auf EU-, nationaler und lokaler Ebene zusammenarbeiten, können wir eine nachhaltige Zukunft aufbauen, die sowohl den ökologischen Fortschritt als auch die soziale Gerechtigkeit in den Vordergrund stellt. Der EWSA fordert deshalb eine bindende EU-Richtlinie für die Just Transition“, meint Oliver Röpke, Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss.