EuGH-Urteil für Atomkraft in Europa: Scharfe Kritik aus Österreich

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler sieht Fehlentwicklungen in der Energiepolitik der Europäischen Union – zugunsten der Hochrisiko-Technologie Atomkraft.

Bundesministerin Leonore Gewessler spricht
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler sieht Fehlentwicklungen in der Energiepolitik der Europäischen Union, Foto BMK / Cajetan Perwein

Im Rahmen einer Pressekonferenz am Dienstag, den 22. September, kritisierte Gewessler die jüngste Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum britischen AKW-Projekt „Hinkley Point C“ scharf. Die österreichische Klage gegen staatliche Beihilfen für das britische Atomkraftwerk (AKW) wurde endgültig abgewiesen.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat zugestimmt, das Wettbewerbsrecht für britische Subventionen von Atomkraft auszusetzen. Somit kann Großbritannien dem Betreiber 35 Jahre lang einen fixen Strompreis garantieren, darüber hinaus sind eine staatliche Kreditgarantie sowie Kompensationen für die Schließung der Anlage aus politischen Gründen vorgesehen.

„Die Entscheidung ist ernüchternd, die sonst so strengen Beihilferichtlinien in Europa wurden ausgerechnet für die Hochrisiko-Technologie Atomkraft über Bord geschmissen. Das ist eine Fehlentwicklung in Europa, gegen die wir entschieden auftreten werden. Wenn nun der veraltete Euratom-Vertrag als Rechtfertigung für Beihilfen herangezogen wird, ist klar: Es braucht eine Reform! Diese haben wir auch im Regierungsübereinkommen festgehalten, aktuell warten wir auf ein entsprechendes Rechtsgutachten. Noch während der Deutschen Ratspräsidentschaft werden wir uns um eine Aufnahme des Themas bemühen.“, kommentierte Gewessler das umstrittene Urteil.

Ruf nach Euratom-Reform

Die Ausführungen des Generalanwalts weisen darauf hin, dass der Europäische Gerichtshof in den Zielbestimmungen des Euratom-Vertrages eine Rechtfertigung staatlicher Beihilfen für Kernkraftwerke sieht.

Da ein Austritt aus Euratom nach einhelliger Auffassung der Rechtsdienste der Republik Österreich ohne einen Austritt aus der EU gar nicht möglich ist, kämpft Österreich für eine Reform des veralteten Vertrags.

Dies ist auch im Regierungsübereinkommen festgehalten (Seite 81): Reform Euratom-Vertrag: Mittel sind nur noch zu verwenden für die Frage der Entsorgung bzw. langfristigen Lagerung radioaktiver Abfälle sowie des Strahlenschutzes, der Sicherheit und des Rückbaus von Atomkraftwerken sowie der Forschung im Bereich der medizinischen Nutzung. Ein seitens der „Nuklearkoordination“ in Auftrag gegebenes Gutachten von Rechtsanwältin Dörthe Fouquet betreffend eine Reform des Euratom-Vertrages wird gerade finalisiert.

Klage abgewiesen

Obwohl Atomenergie jahrzehntelang hoch subventioniert wurde, ist die Technologie wirtschaftlich nicht überlebensfähig. Nun soll sie durch Subventionen künstlich wiederbelebt werden. Aus österreichischer Sicht widerspricht die geplante Beihilfe für Hinkley Point C dem Wettbewerbsrecht der EU. Darüber hinaus handelt es sich um einen Präzedenzfall für weitere Neubauten von Kernkraftwerken in der EU, wie etwa im tschechischen Dukovany. Österreich hatte daher den beihilfenrechtlichen Genehmigungsbeschluss der Europäischen Kommission mit einer Nichtigkeitsklage angefochten.