Atomhaftung
Das österreichische Atomhaftungsrecht ist für Geschädigte vorteilhafter als das internationale Nuklearhaftungsregime.
Österreich hält die internationalen Nuklearhaftungssysteme für in hohem Maße unbefriedigend, da diese u.a. Haftungsobergrenzen, die Kanalisierung der Haftung ausschließlich auf den Betreiber einer kerntechnischen Anlage sowie die Zuständigkeit der Gerichte nach dem Sitz des Schädigers festgelegen. Deswegen hat Österreich auch keines der bestehenden Abkommen ratifiziert. Das österreichische Atomhaftungsgesetz (AtomHG, BGBl. I Nr. 170/1998) hingegen legt als Gerichtsort den Ort des Schadenseintritts fest, es gibt keine Haftungsobergrenze und in bestimmten Fällen kann auch auf Lieferanten oder Wartungsunternehmen zugegriffen werden. Österreich tritt international dafür ein, dass diese wesentlichen Bestimmungen auch in internationale Nuklearhaftungssysteme Eingang finden, kann hier jedoch kaum auf Verbündete zählen.
Nach der Katastrophe von Fukushima im März 2011 ist die Frage der Haftung für nukleare Schäden wieder in den Vordergrund gerückt. Vielfach wurde und wird ein einheitliches europäisches bzw. internationales Atomhaftungsregime gefordert. Die Europäische Kommission hat bereits mehrfach einen Vorschlag zum Thema angekündigt, der bis dato aber noch nicht vorgelegt wurde. Grundsätzlich wäre eine EU-weite Harmonisierung der Nuklearhaftungsregeln zu begrüßen. Aus österreichischer Sicht darf aber die Anwendbarkeit der Grundsätze des österreichischen AtomHG in keiner Weise durchbrochen werden.
Auf internationaler Ebene bestehen zwei Nuklearhaftungssysteme – das Pariser/ Brüsseler System im Rahmen der OECD/Nuclear Energy Agency und das Wiener System im Rahmen der IAEO – mit weitgehend analogem Regelungssystem. Als Brücke zwischen diesen Haftungssystemen gibt es ein gemeinsames Protokoll bezüglich der Anwendung des Wiener und des Pariser Übereinkommens vom 21. September 1988.
Darüber hinaus gibt es das Übereinkommen vom 29. September 1997 über zusätzlichen Schadenersatz für Nuklearschäden. Ziel dieses Übereinkommens ist, auf Grundlage einer Basishaftung sowie eines zusätzlichen Finanzierungsinstruments ein globales Haftungsregime zu errichten.
Gemäß § 30 AtomHG hat die Bundesregierung dem Nationalrat spätestens zum 31. Dezember 2001 und in der Folge alle drei Jahre über die Entwicklung der internationalen Haftungsinstrumente für Atomschäden, insbesondere über das Ausmaß der auf internationaler Ebene zur Verfügung stehenden Entschädigungsbeträge, Bericht zu erstatten.