Seveso III-RL und Helsinki-Konvention

Der Regelungsbereich der Seveso III-Richtlinie umfasst im Sinne der Vorsorge im Wesentlichen die Erstellung von Sicherheitsmanagementsystemen für und die regelmäßige Inspektion von Anlagen, die bestimmte Mengen von gefährlichen Stoffen lagern.

Seveso-III-Richtlinie

Die Seveso-III-Richtlinie 2012/18/EU (→ EUR-Lex) vom 4. Juli 2012 ist mit 1. Juni 2015 an die Stelle der Seveso-II Richtlinie (96/82/EG) zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen getreten. Unmittelbarer Anlass war, dass die Seveso II-Richtlinie geändert werden musste, da es Änderungen am System der EU zur Einstufung gefährlicher Stoffe gegeben hat, auf das sich die Richtlinie bezieht (CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 → EUR-Lex).

Der Regelungsbereich der Seveso-III-Richtlinie umfasst im Sinne der Vorsorge im Wesentlichen die Erstellung von Sicherheitsmanagementsystemen für und die regelmäßige Inspektion von Anlagen, die bestimmte Mengen von gefährlichen Stoffen lagern. Schwere Unfälle sollen weitgehend verhindert bzw. die Folgen abgemildert werden. Es werden zwei Kategorien von Betrieben unterschieden: Betriebe der unteren bzw. Betriebe der oberen Klasse (je nach Menge der im Betrieb vorhandenen gefährlichen Stoffe). Die Anforderungen an die Betriebe der oberen Klasse sind strenger, sie müssen zum Beispiel einen Sicherheitsbericht erstellen.

Zur Umsetzung der Seveso-III-Richtlinie waren alleine im Bereich des Bundesrechts folgende Gesetze anzupassen: die Gewerbeordnung 1994, das Mineralrohstoffgesetz, das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen 2013, das Gaswirtschaftsgesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Umweltinformationsgesetz sowie das Eisenbahngesetz 1957 und das Luftfahrtgesetz. Soweit die Umsetzung die Bereiche Raumplanung und Katastrophenschutz betrifft, sind die Länder zuständig.

Für den gewerblichen Bereich (Kesselrecht) ist das → Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) zuständig.

Störfallinformation

Als Hilfe bei der Erstellung der Öffentlichkeits-/Notfallinformation nach § 14 Umweltinformationsgesetz bzw. der Störfallinformationsverordnung hat das Bundesministerium unverbindliche Formblätter erstellt. Im Zweifel geht der Wortlaut des Gesetzes bzw. der Verordnung vor.

Helsinki-Konvention zu Industrieunfällen

Die Helsinki-Konvention (UN/ECE-Übereinkommen über die grenzüberschreitenden Auswirkungen von Industrieunfällen) regelt die internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von grenzüberschreitenden Auswirkungen von Industrieunfällen. Das Übereinkommen über die grenzüberschreitenden Auswirkungen von Industrieunfällen wurde am 17. März 1992 in Helsinki beschlossen (UN/ECE-Übereinkommen Nr. 1268). Bisher gibt es 41 Vertragsparteien. Österreich hat am 4. August 1999 diese Konvention ratifiziert, BGBl. III Nr. 119/2000 (→ RIS).

Die Helsinki-Konvention über die grenzüberschreitende Auswirkung von Industrieunfällen ist mit 19. April 2000 nach Unterzeichnung durch 16 ECE-Mitgliedstaaten, darunter auch Österreich und die Europäische Union, in Kraft getreten. Dieses Übereinkommen regelt die internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von grenzüberschreitenden Auswirkungen von Industrieunfällen. Als Alarmierungsstelle ist in Österreich die Bundeswarnzentrale im Bundesministerium für Inneres vorgesehen.

Eine legistische Umsetzung der Anforderungen dieses Übereinkommens ist gemeinsam mit der Seveso-II-Richtlinie 96/82/EG (→ EUR-Lex) der EU in Österreich erfolgt, da die gleichen Anforderung gestellt wurden: Gewerbeordnungs-Novelle, BGBl. I Nr. 88/2000 (→ RIS) und Abfallwirtschaftsgesetz-Novelle Deponien, BGBl. I Nr. 90/2000 (→ RIS).

Vorgeschichte: Die Richtlinien Seveso I und II

Das Ziel jedes Vorsorgekonzeptes ist es, Auswirkungen von Gefahrenpotentialen in sozialverträglicher Weise zu vermeiden. Die Verwirklichung dieses Anspruches sollte in der Europäischen Union durch die Seveso-Richtlinie erfolgen, wobei als Auslöser mehrere Großunfälle Anfang/Mitte der Siebzigerjahre (Flixborough 1974, Seveso 1976) zu nennen sind.

Die Seveso-I-Richtlinie 82/501/EG (→ EUR-Lex) wurde in Österreich großteils durch § 82a Gewerbeordnung und die Störfallverordnung, BGBl. Nr. 593/1991 (→ RIS), umgesetzt. Diese orientierte sich an der 2. Verwaltungsvorschrift der deutschen Störfallverordnung und betraf, als Verordnung zur Gewerbeordnung, gewerbliche Betriebsanlagen. Durch die Seveso-II-Richtlinie 96/82/EG wurde die gesamte Materie der EU-rechtlichen Bestimmungen für Anlagen mit großem Gefahrenpotential geändert. Die Richtlinie wurde nicht novelliert, sondern neu gestaltet. Man wollte damit auf Erkenntnisse eingehen, die man in einem Jahrzehnt Seveso I gewonnen hatte.

Neue Schwerpunkte

Im Wesentlichen brachte Seveso II eine neue Schwerpunktsetzung. Zusätzlich zu dem bisherigen Erfordernis einer integralen Sicherheitsbetrachtung sollten

  • der Faktor Mensch
  • die Raumordnung zur Herstellung ausreichender Schutzabstände und
  • die innerbetriebliche Sicherheitsphilosophie

stärker betont werden.

In Entsprechung der neuen Schwerpunkte trafen die Unternehmen in Zusammenhang mit Seveso II folgende neue Verpflichtungen:

  • Erstellung eines Sicherheitskonzeptes,
  • eines Sicherheitsmanagementsystems,
  • die Notwendigkeit zur Berücksichtigung von Domino-Effekten (darunter versteht man: das Auslöseereignis eines schweren Unfalles bei einer oder mehreren Anlagen ist durch einen schweren Unfall (zum Beispiel Explosion, Trümmerflug, Druck-Hitzewelle) bei einer benachbarten Anlage hervorgerufen) und
  • die Bereitstellung von Grundlagen für diverse behördliche Verpflichtungen.

Unverändert blieben die Verpflichtung zur Erstellung einer integralen Sicherheitsbetrachtung (früher Sicherheitsanalyse, danach Sicherheitsbericht) und eines Alarm- und Gefahrenabwehrplanes (interner Notfallplan), sowie die Meldepflichten über ihre Einstufung als 'Seveso-Betrieb' und über schwere Unfälle.

Die Umsetzung der Richtlinie 96/82/EU erfolgte im Sommer 2000 für gewerbliche Betriebsanlagen in der Gewerbeordnung, BGBl. I Nr. 88/2000, und für Abfallbehandlungsanlagen in der Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. I Nr. 90/2000.

Studie Referenzszenarien zur Seveso-II-Richtlinie

Für die Umsetzung der Seveso-II-Richtlinie war die Festlegung von Abständen für die Zwecke der Raumordnung notwendig, dafür sind sogenannte Referenzszenarien erforderlich. Die Ergebnisse dienten bzw. dienen auch als Grundlage für die Erstellung externer Notfallpläne:

Tipp

Websites in Englisch mit weiteren Informationen: