EU-Aktivitäten zur Umsetzung Da neben allen Mitgliedstaaten auch die Europäische Union (EU) die Aarhus Konvention unterzeichnet hat und im Jahr 2005 Vertragspartei geworden ist, waren entsprechende Anpassungen des EG-Rechts an die Vorgaben der Aarhus Konvention notwendig.

Die Konvention wurde mittlerweile durch eine Reihe von Rechtsakten umgesetzt. Nicht nur die 28 Mitgliedsstaaten der EU selbst, sondern auch die Institutionen der Gemeinschaft sind durch eine Ratifizierung der Aarhus-Konvention verpflichtet, sich an deren Bestimmungen zu halten. Um die Ratifizierung durch die Gemeinschaft zu ermöglichen, waren daher ebenfalls einige Anpassungen im Bereich der europäischen Institutionen notwendig.

Im  Mai 2006 einigten sich der Rat und das europäische Parlament im Vermittlungsverfahren auf die Verordnung zur Anwendung der Aarhus-Konvention auf die EU-Institutionen. Es sind durch diese Verordnung nicht bloß die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und der Rat erfasst, sondern auch zahlreiche im Umweltbereich tätige Agenturen. Bürgerinnen und Bürger erhalten dadurch verbesserten Zugang zu Umweltinformationen, die bei den EU-Institutionen aufliegen, und müssen auch verstärkt aktiv informiert werden.

Die  Verordnung sieht darüber hinaus verstärkte Bürgerbeteiligung an der Vorbereitung umweltrelevanter Entscheidungen vor und gibt bestimmten Umwelt-NGOs das Recht, Überprüfungsverfahren bei vermuteten Umweltrechtsverletzungen einzufordern.

In Österreich erfolgte die Umsetzung der Konvention im Wesentlichen auf Basis von  EU-Richtlinien, die die Anpassung des Gemeinschaftsrechts an die Vorgaben der Aarhus Konvention zum Ziel haben. Der Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) wurde 2007, 2010 und 2013 durch die Übermittlung österreichischer Umsetzungsberichte bereits drei Mal vom Umsetzungsstand in Österreich berichtet.

Umweltinformationsrichtlinie 2003/4/EG

Die Anpassung der EU-Rechtsbestimmungen an die 1. Säule der Konvention, die den Zugang zu Umweltinformationen regelt, spiegelt sich in der überarbeiteten Richtlinie über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen wider. Diese Richtlinie 2003/4/EG ersetzt die RL 90/313/EWG des Rates vom 7. Juni 1990. Sie  trägt nicht nur den Bestimmungen aus der Aarhus-Konvention, sondern ebenso den Erfahrungen aus der Anwendung der bisherigen Richtlinie und den Innovationen auf Ebene der Kommunikationstechnologien Rechnung. Am 14. Februar 2003 ist die  EU-Richtlinie in Kraft getreten.

Wichtige Neuerungen umfassen  unter anderem eine weiter gefasste Definition für Umweltinformationen, eine Verkürzung der Fristen bei der Informationsübermittlung und eine verstärkte Verpflichtung für Behörden, auch aktiv Umweltinformationen zu verteilen.

In Österreich ist die Umsetzung auf Bundesebene mit der Novelle des Umweltinformationsgesetzes erfolgt, die im Februar 2005 in Kraft getreten ist. Auf Landesebene ist  eine Umsetzung durch Novellen der Landesumweltinformationsgesetze erfolgt.

Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie 2003/35/EG

Die Anpassung des EU-Umweltrechts an die Erfordernisse der 2. Säule der Aarhus-Konvention - Öffentlichkeitsbeteiligung und Partizipation bei bestimmten umweltbezogenen Entscheidungsverfahren – wurde in einem ersten Schritt im Jahr 2001 mit der Richtlinie über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (SUP, Strategische Umweltprüfung) umgesetzt. Diese Richtlinie sieht im Sinne der Aarhus Konvention eine Konsultation der Öffentlichkeit bei der Erstellung einer breiten Palette von Plänen und Programmen vor.

Die im Jahr 2003 nachgefolgte Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie betrifft im Wesentlichen die Revision der Richtlinie 85/337/EWG des Rates über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-RL) und der Richtlinie 96/61/EWG des Rates über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung ( IPPC-RL). In der neuen Richtlinie ist auch die Öffentlichkeitsbeteiligung an der Ausarbeitung einiger umweltbezogener Pläne, die aufgrund bestehender Richtlinien zu erstellen (Abfall, Nitrat, Luftqualität) sind und nicht von der SUP-RL aus dem Jahr 2001 erfasst sind, verankert. Die Richtlinie 2003/35/EG ist am 25. Juni 2003 in Kraft getreten.

Die RL 2003/35/EG wurde in Österreich mit der Novelle aus dem Jahr 2004 zum UVP-Gesetz umgesetzt, worin durch die Normierung der Parteistellung von Umweltorganisationen zu einer noch effektiveren Beteiligung der Öffentlichkeit beigetragen wurde.

Bericht über die Wirksamkeit der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie 2003/35/EG

Die Europäische Kommission hat die Mitgliedstaaten Mitte 2008 ersucht, ihre jeweiligen Erfahrungen bei der Anwendung der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie (RL 2003/35/EG) auf freiwilliger Basis zu übermitteln, da die Richtlinie selbst sieht keine Berichtspflicht vorsieht. Bei der Erstellung des vorliegenden österreichischen Berichtes wurden Erfahrungen sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene eingearbeitet. Auch erfolgte eine Befragung der zuständigen Abteilungen des Lebensministeriums sowie der Ämter der Landesregierungen.

"Access to Justice"

Bezüglich der EU-Umsetzung der 3. Säule der Aarhus-Konvention sind die wichtigsten Aspekte in der Umweltinformationsrichtlinie und der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie abgedeckt und damit automatisch Teil der nationalen Umsetzung dieser beiden Richtlinien.

Eine weitere Bestimmung der Konvention - Artikel 9  Absatz 3 - sieht eine Art Überprüfungsverfahren bei Verstößen gegen innerstaatliche Umweltrechtsvorschriften vor. Diese Bestimmung ist  in der Konvention eher vage formuliert und lässt den Vertragsstaaten einen gewissen Interpretationsspielraum (zum Beispiel wer unter welchen Bedingungen eine derartige Anfechtung durchführen können soll).

Die Europäische Kommission hat dazu im Jahr 2003 einen Vorschlag für eine Richtlinie über den "Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten" präsentiert, der zwei Ziele verfolgt: die genannte Bestimmung der Konvention durch EU-weite Mindeststandards umzusetzen und die Durchsetzung des Umweltrechts in der Gemeinschaft  zu stärken. Eine besondere Rolle wird in diesem Vorschlag Umweltschutzorganisationen zuerkannt, die bei Erfüllung bestimmter Kriterien dazu berechtigt sein sollen, bei Verletzungen von umweltrechtlichen Vorschriften Überprüfungsverfahren vor Gerichten (bzw. unabhängigen, unparteiischen Stellen) einzuleiten.

Der Richtlinienvorschlag zu "Access to justice" wurde  in den letzten Jahren im Rat nicht mehr weiter verfolgt, da die Mitgliedstaaten überwiegend die Auffassung vertraten, dass die Richtlinie keine zwingende Voraussetzung für die - mittlerweile erfolgte - Ratifizierung des Aarhus-Übereinkommens durch die EU darstelle. Die Kommission hat bislang ihren Vorschlag nicht modifiziert bzw. auch  keinen neuen Vorschlag vorgelegt.

Das Bundesministerium hat im Hinblick auf die Vorgaben der 3. Säule der Aarhus Konvention zwei Studien über mögliche Optionen der Umsetzung in Österreich in Auftrag gegeben. Die erste Studie aus dem Jahr 2004 behandelt Umsetzungsoptionen für die 3. Säule der Aarhus-Konvention im Lichte aktueller europarechtlicher Entwicklungen. Diese knüpft insbesondere an den im Jahr 2003 von der EK vorgelegten Richtlinievorschlag an.

Weiters wurde Ende November 2009 im Bundesministerium eine Studie über rechtliche Optionen zur Verbesserung des Zugangs zu Gerichten im österreichischen Umweltrecht betreffend die 3. Säule der Aarhus-Konvention präsentiert. Die Studie wurde im Auftrag des Bundesministeriums vom Institut für Rechtswissenschaften der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien von Frau Professor Dr. Eva Schulev-Steindl erstellt. Es wurden VertreterInnen der anderen Ministerien, der Bundesländer, Sozialpartner und betroffener Umwelt-NGOs zur Präsentation und Diskussion eingeladen. Obwohl die wesentlichen Bestimmungen betreffend Zugang zu Gerichten beziehungsweise Verwaltungsbehörden für die Mitglieder der Öffentlichkeit, was Zugang zu Umweltinformationen und Beschwerdemöglichkeiten in Anlagenverfahren anbelangt, in Österreich bereits in den Materiengesetzen umgesetzt sind (wie zB Zugang zu Umweltinformationen im UIG, Parteistellung für Umwelt-NGOs und für Bürgerinitiativen im UVP-G), verbleiben noch Bereiche, wo eine Verbesserung möglich ist.

Im Herbst 2007 legte die Europäische Kommission eine  Studie vor, die die Umsetzung von Artikel 3 der Aarhus Konvention in allen  EU-Mitgliedstaaten (bis auf Rumänien und Bulgarien) beleuchtet sowie Defizite und Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigt.

Siehe dazu und zu Kommentaren der MS (darunter auch von Österreich).Zur Umsetzung des Zugangs zu Gerichten in den EU-Mitgliedstaaten hat die Europäische Kommission eine weitere vergleichende Studie in Auftrag gegeben, die 2013 veröffentlicht wurde (Professor Jan Darpö, Vorsitzender der UN/ECE Aarhus Convention Task Force on access to justice). Der Synthesebericht und die Studienergebnisse für die einzelnen MS sind auf der Website der Kommission abrufbar.