Bundes-Umwelthaftungsgesetz

Die Umwelthaftungsrichtlinie und die in deren Umsetzung ergangenen Gesetze regeln die Verantwortlichkeit für Umweltschäden an drei zentralen Schutzgütern des Umweltrechts. Die Umsetzung erfolgte in Österreich durch das Bundes-Umwelthaftungsgesetz und die Landes-Umwelthaftungsgesetze.

Umwelthaftungsrichtlinie 2004/35/EG

Ziel der Umwelthaftungsrichtlinie  ist die Vorbeugung und Sanierung erheblicher Umweltschäden. Erfasst sind Schäden an drei Schutzgütern:

  • an Gewässern
  • am Boden
  • an geschützten Arten und natürlichen Lebensräumen (dieses Schutzgut wird häufig auch als Biodiversität bezeichnet)

Die Richtlinie sieht keine zivilrechtliche Haftung, sondern ein System der verwaltungspolizeilichen und damit öffentlich-rechtlichen Gefahrenabwehr vor. In Umsetzung des Verursacherprinzips ist eine Kostenersatzpflicht an die Nichterfüllung der Vermeidungs- beziehungsweise Sanierungspflichten geknüpft, kurzum: wer Umweltschäden verursacht, soll dafür auch bezahlen.

Die Umsetzung der Umwelthaftungsrichtlinie erfolgte in Österreich einerseits auf Bundesebene durch das Bundes-Umwelthaftungsgesetz und andererseits auf Länderebene durch Landes-Umwelthaftungsgesetze.

Bundes-Umwelthaftungsgesetz (B-UHG)

BGBl. I Nr. 55/2009 in der Fassung BGBl. I Nr. 74/2018

Bundes-Umwelthaftungsgesetz konsolidiert (RIS)

Der Anwendungsbereich des B-UHG  ist entsprechend der österreichischen Kompetenzverteilung auf Schädigungen der Gewässer und des Bodens beschränkt. Schädigungen der Biodiversität sowie durch bestimmte Tätigkeiten verursachte Bodenschäden fallen hingegen in den Regelungsbereich der Bundesländer.

Das B-UHG sieht eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung vor: wer …

  • als Betreiber
  • in Ausübung ganz bestimmter, abschließend aufgezählter gefahrengeneigter Tätigkeiten (Anhang 1 des B-UHG)
  • erhebliche Gefahren oder Schäden am Gewässer oder am Boden verursacht,
  • muss unabhängig von einem Verschulden die Behörde im Anlassfall informieren und die erforderlichen Vermeidungs- oder Sanierungsmaßnahmen setzen.

Wer ist Betreiber und damit potentielles Haftungssubjekt?

  • Erfasst sind ausschließlich berufliche Tätigkeiten von Betreibern, nicht aber Handlungen von Privaten. Betreiber ist jene natürliche oder juristische Person, die eine der aufgezählten beruflichen Tätigkeiten ausübt oder bestimmt, einschließlich des Inhabers einer Zulassung oder Genehmigung.

Zum Kreis der haftungsrelevanten umweltgefährdenden Tätigkeiten zählen zum Beispiel

  • der Betrieb von Anlagen, für die eine Genehmigung nach der (IPPC-)Richtlinie über integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung erforderlich ist,
  • genehmigungspflichtige Tätigkeiten im Bereich der Abfall- und Wasserwirtschaft (Abfallverwertung, grenzüberschreitende Abfallverbringung, Einleitungen in Gewässer, Wasserentnahmen, Aufstauungen), aber auch
  • der Umgang mit gefährlichen Stoffen, Pflanzenschutzmitteln und Biozidprodukten,
  • Gefahrguttransporte oder
  • die Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen.

Kommt das B-UHG auf Grund Vorliegens aller Tatbestandsmerkmale zur Anwendung, so bleiben dennoch weitergehende Regelungen in anderen Materiengesetzen unberührt.

Bleiben die Betreibenden untätig oder agiert sie zu spät oder unzureichend, so hat die Behörde tätig zu werden, die erforderlichen Maßnahmen aufzutragen beziehungsweise unmittelbar anzuordnen und letztlich dien Betreibendne zur Bezahlung der aufgelaufenen Kosten zu verpflichten. Zuständige Behörde ist die Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaften und Magistrate).

Ausnahmen vom Anwendungsbereich des B-UHG gibt es in sachlicher (zum Beispiel bei Verursachung durch bewaffnete Konflikte oder außergewöhnliche Naturereignisse) und zeitlicher Hinsicht. Das B-UHG gilt nicht für Schäden, die vor seinem Inkrafttreten am 20. Juni 2009 stattgefunden haben und sieht somit keine Rückwirkung vor. Nicht erfasst vom B-UHG sind auch Schäden an Leben, Gesundheit und Eigentum.

Ein Bodenschaden im Sinn des B-UHG liegt vor, wenn eine Bodenverunreinigung ein erhebliches Risiko einer Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit verursacht. Dies wird durch ein humanmedizinisches Gutachten festzustellen sein.

Ein Gewässerschaden im Sinn des B-UHG liegt vor, wenn erhebliche nachteilige Auswirkungen auf den Gewässerzustand gegeben sind, mit Ausnahme der nachteiligen Auswirkungen, die in Anwendung des § 104a WRG 1959 bewilligt wurden. In Ermangelung einer exakt definierten Schwelle muss die Erheblichkeit jeweils im Einzelfall ermittelt werden. Kriterien für die Erheblichkeitsprüfung finden sich u.a. in den Anhängen I und II der Umwelthaftungsrichtlinie und den dortigen Sanierungsregeln.

Kommt das B-UHG zum Beispiel auf Grund einer Ausnahmebestimmung nicht zur Anwendung, so greifen bei Gewässer- beziehungsweise Bodenschäden im Regelfall die einschlägigen Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 bzw. des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002.

Personen, die durch einen Umweltschaden in ihren Rechten verletzt werden können, die in bestimmter Weise betroffen sind oder ein ausreichendes Interesse an einem Sanierungsverfahren eines Umweltschadens haben, aber auch anerkannte Umweltorganisationen (NGO) und Umweltanwälte können eine sogenannte „Umweltbeschwerde“ bei der Behörde einbringen und diese darin zum Tätigwerden auffordern. Diesen Personen und Organisationen kann auch Parteistellung im Verfahren zur Sanierung eines Umweltschadens zuerkannt werden. Daran knüpft sich eine Rechtsmittelbefugnis beim Landesverwaltungsgericht.

  • Erstmals gibt es Haftungsbestimmungen für die Verursachung eines Bodenschadens.
  • Kerngedanke der Umwelthaftungsrichtlinie und des B-UHG ist das Verursacherprinzip das heißt wer einen Umweltschaden verursacht, soll auch sämtliche damit verbundenen Kosten bezahlen (Vollkosten). Die Sanierung von Umweltschäden soll nicht dem Steuerzahler zur Last fallen. Dementsprechend hat ein Betreiber nicht nur die Vermeidungs- bzw. Sanierungskosten im engeren Sinn, sondern auch die Kosten der Verwaltung zu ersetzen. Das ist neu und ein wichtiger Fortschritt im Vergleich zur geltenden Rechtslage.
  • Die Kostenbelastung soll überdies abschrecken und die Betreiber motivieren, Maßnahmen zu treffen und Praktiken zu entwickeln, mit denen die Gefahr von Umweltschäden auf ein Minimum beschränkt werden kann (Präventivwirkung).
  • Weiters neu ist der Rechtsbehelf der Umweltbeschwerde.