Kernkraftwerk Dukovany Tschechische Republik

Am Standort des Kernkraftwerks (KKW) Dukovany in der Tschechischen Republik sind vier Reaktoren in Betrieb, deren Laufzeit auf 40 Jahre verlängert wurde. Österreich beteiligte sich am grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfungs-Verfahren zum Ausbau des KKW Dukovany. Das BMK hat im September 2022 eine kritische Stellungnahme im Rahmen des beihilferechtlichen Prüfungsverfahrens betreffend Bau und Betrieb eines neuen Kernkraftwerks am Standort Dukovany eingebracht.

Am Standort Dukovany befinden sich vier Reaktorblöcke vom Typ WWER 440/213 seit den 1980ger Jahren in Betrieb. Die Verlängerung der Betriebsdauer um 10 auf 40 Jahre wurde vom Staatsamt für Nukleare Sicherheit (SÚJB) bewilligt.

Österreich hatte wiederholt die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für die Laufzeitverlängerungen des KKW Dukovany gefordert. Die Tschechische Republik ist diesem Wunsch jedoch nicht nachgekommen. Auch wenn mit der im Dezember 2020 von der Vertragsstaatenkonferenz der Espoo-Konvention angenommenen „Guidance“ für die Anwendung der Konvention auf Laufzeitverlängerungen von Kernkraftwerken und dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 29. Juli 2019 zur Frage der Anwendbarkeit der UVP-Richtlinie sowie der Espoo- und Aarhus-Konvention auf die Laufzeitverlängerung von KKW zumindest Referenzen  vorliegen, gibt es nach wie vor keine allgemein gültige Aussage zur UVP-Pflicht von Laufzeitverlängerungen von Kernkraftwerken. Die Länder (EU- und weltweit) haben nach wie vor unterschiedliche Ansichten und Interpretationen. Aus diesem Grund sind nach wie vor viele Beschwerden wegen Nicht-Durchführung eines UVP-Verfahrens vor Verlängerung der Betriebsdauer eines KKW beim ECIC (Espoo Convention Implementation Committee) anhängig, darunter auch der Fall Laufzeitverlängerung des KKW Dukovany 1–4.

Gemäß dem „Nationalen Aktionsplan zur Entwicklung der Atomenergie in der Tschechischen Republik“ aus 2015, zunächst am Standort Dukovany und dann in Temelín je zumindest ein neuer Reaktorblock errichtet werden. Der neue Reaktorblock in Dukovany soll die bestehenden Reaktorblöcke ersetzen. 

Österreich beteiligte sich im vollen Umfang am grenzüberschreitenden UVP-Verfahren für den Bau eines neuen Reaktorblocks am Standort Dukovany.

Im Juli 2019 hat die tschechische Regierung über das Investorenmodell für den Bau des Kernkraftwerks Dukovany II entschieden. Investor wird die Gesellschaft Kraftwerk Dukovany II, eine 100%ige Tochtergesellschaft der ČEZ.

Das tschechische Umweltministerium (MZP) hat am 30. August 2019 eine befürwortende Stellungnahme (Standpunkt) zum UVP-Verfahren zur Erweiterung des KKW Dukovany erlassen und auf seiner Website veröffentlicht. Ende März 2020 hat die Errichtungsgesellschaft den Antrag auf atomrechtliche Standortbewilligung für neue Blöcke am Standort Dukovany gestellt.

Am 8. März 2021 hat die tschechischen Atomaufsicht SÚJB die atomrechtliche Standortbewilligung für zwei Reaktoren mit einer Leistung von bis zu je 1.200 MWe erlassen. Die atomrechtliche Standortbewilligung ist eine der Voraussetzungen für die baurechtliche Bewilligung.Obwohl die SÚJB-Bewilligung zwei Reaktoren betrifft, ist aktuell der Bau nur eines Reaktors geplant. Der erste neue Reaktor soll nach den Plänen der Regierung in den Jahren 2035 bis 2037 ans Netz gehen.

Am 20. Juli 2020 hat die CZ Regierung das Finanzierungsmodell für den Ausbau des Kernkraftwerks Dukovany beschlossen. Es besteht aus einem staatlichen Kredit, einem Abnahmevertrag für den produzierten Strom, und eine Schutzklausel (regulatorische bzw. politisch Risiken werden vom Staat übernommen). Das diesbezügliche Gesetz (lex Dukovany) wurde am 30. September 2021 beschlossen. Da es sich um eine staatliche Beihilfe handelt, war diese der Europäischen Kommission zu notifizieren.

Die Europäische Kommission (EK) hat Ende Juni 2022 eine eingehende Untersuchung eingeleitet, um zu prüfen, ob die geplante staatliche Unterstützung Tschechiens für den Bau eines neuen Kernkraftwerks in Dukovany mit den EU-Beihilfevorschriften vereinbar ist.

Das BMK hat Anfang September 2022 eine kritische Stellungnahme (link) im Rahmen dieses Beihilfeprüfungsverfahrens bei der GD Wettbewerb der EK eingebracht.

Inhalt der Stellungnahme

Das BMK vertritt die Auffassung, dass die Dauer-Subventionierung einer ausgereiften und per se unrentablen Technologie nicht gerechtfertigt ist. Dies führt zu Wettbewerbsverzerrungen und verlangsamt Fortschritte bei billigeren, schneller verfügbaren und aus Klima-Sicht wirksameren Technologien drastisch.

Das BMK argumentiert, dass es nicht gerechtfertigt ist, eine Beihilfe für eine Technologie zu gewähren, die zwar eventuell hinsichtlich eines Schadstoffes (CO2) günstiger, im Hinblick auf alle Umweltauswirkungen jedoch insgesamt negativ bilanziert. So etwa ist die sichere und dauerhafte Entsorgung hochaktiver, radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente nach wie vor ungelöst. Schwere Unfälle in Kernkraftwerken mit großen und frühen Freisetzungen von Radionukliden mit Kontamination auch auf dem Hoheitsgebiet anderer Länder können nicht ausgeschlossen werden. Darüber hinaus zeigt sich jetzt das enorme Gefahrenpotential von Kernkraftwerken in bewaffneten Konflikten. Auch aus dem Blickwinkel der Versorgungssicherheit kann die Kernenergie aus verschiedenen Gründen keine Vorteile gegenüber anderen Energieträgern bieten.

Das BMK unterstützt die Bedenken der Europäischen Kommission betreffend Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahme sowie die Beschränkung der Wettbewerbsverzerrung und bezweifelt die Verhältnismäßigkeit des Strom-Abnahmevertrags, wonach sich die tschechische Regierung verpflichtet 60 Jahre lang den gesamten vom Beihilfeempfänger erzeugten Strom zu einem festen Preis zu kaufen.

Stellungnahme des BMK zur Eröffnung des EU-beihilferechtlichen Prüfverfahrens (PDF, 107 KB)