Aktuelle Entwicklung

Die Emissionshandelsrichtlinie (Richtlinie 2003/87/EG) wurde im Rahmen des „Fit-For-55“-Pakets überarbeitet und am 19. April 2023 vom Rat angenommen. Dabei wurden unter anderem folgende wesentliche Anpassungen am EU‑Emissionshandel (EU-ETS) vorgenommen.

Industrie und Energiewirtschaft („ETS-1“)

Die Gesamtmenge an Zertifikaten wird bis 2030 um 62 Prozent im Vergleich zu 2005 reduziert. Der jährliche Reduktionspfad beträgt ab 2024 jährlich 4,3 Prozent und wird ab 2028 auf 4,4 Prozent angehoben.

Ab dem Jahr 2024 wird der Anwendungsbereich für stationäre Anlagen ausgeweitet, wobei Anpassungen bei folgenden Tätigkeiten vorgenommen wurden: Raffination von Erdöl, Herstellung von Eisen oder Stahl, Herstellung von Primäraluminium oder Aluminiumoxid, Trocknen oder Brennen von Gips, Herstellung von Industrieruß, Herstellung von Wasserstoff (H2) und Synthesegas und die Beförderung von Treibhausgasen zwecks geologischer Speicherung. Für Anlagen, die somit in das EU-ETS aufgenommen werden, gelten folglich die Vorgaben des EZG 2011 ab 1. Jänner 2024.

Des weiteren wird der jährliche Fristenlauf ebenfalls bereits ab dem Jahr 2024 wie folgt angepasst:

  • Vorlage der Emissionsmeldung bis 31. März
  • Buchung der übergangsweisen Gratiszuteilung bis 30. Juni
  • Abgabe der Zertifikate für Emissionen des Vorjahres bis 30. September

Änderungen ab 2026

Zur Bekämpfung von „Carbon Leakage“ wird das bestehende System der übergangsweisen Gratiszuteilung grundsätzlich beibehalten, wobei in Ergänzung dazu für einige Sektoren, etwa im Bereich der Eisen- und Stahlindustrie, der Zementindustrie, der Düngemittelherstellung, der Aluminiumproduktion und der Wasserstoffproduktion, sowie der Stromerzeugung, ein CO2-Grenzausgleich im Einklang mit EU-Verordnung zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichs (→ europa.eu) eingeführt wird. Für diese Sektoren wird die Gratiszuteilung beginnend ab 2026 reduziert und mit 2034 auf Null gesetzt.

Die produktspezifischen Benchmarks werden im Einklang mit der technologischen Entwicklung für den Zeitraum 2026 bis 2030 angepasst, wobei die bestehenden Mindest- bzw. Maximalschwellen für die jährliche Verbesserung auf 0,3 Prozent bzw. 2,5 Prozent pro Jahr angehoben werden.

Zusätzlich dazu wird für die Berechnung der übergangsweisen Gratiszuteilung in der Periode 2026 bis 2030 folgendes Bonus/Malus-System eingeführt, wobei nähere Details in der delegierten Verordnung (EU) 2019/331 i. d. g. F. (Zuteilungsregeln, FAR-VO) festgelegt wurden.

Für Anlagen, die Empfehlungen aus Energieaudits bzw. Energiemanagementsystemen gemäß Artikel 8 der Energieeffizienz-Richtlinie (2012/27/EU) nicht umsetzen, ist die Gratiszuteilung um 20 Prozent zu reduzieren. Dies betrifft jedoch nur Empfehlungen, deren Amortisationszeit 3 Jahre nicht überschreitet und deren Investitionskosten nicht unverhältnismäßig sind. Zusätzlich dazu können auch Alternativmaßnahmen geltend gemacht werden. Sollten die Maßnahmen innerhalb der Periode nachträglich umgesetzt werden, wird folglich die 20 Prozent Reduktion rückgängig gemacht.

Für Anlagen mit Anlagenteilen mit einem Produkt-Referenzwert, deren individueller Emissionsfaktor unter den 20 Prozent höchsten Werten der bestehenden Referenzwerte für die betreffende Branche liegt, wird eine Reduktion von 20 Prozent der Zuteilung vorgenommen, sofern für diese kein Klimaneutralitätsplan bis 1. Mai 2024 erstellt wird. Dieser Plan muss klare Ziele für Fünfjahreszeiträume beinhalten und im Einklang mit EU-Klimaneutralität 2050 stehen.

Anlagen, deren individueller Emissionsfaktor hingegen unter den 10 Prozent niedrigsten Werten in der Branche liegen, sind von der (möglichen) Anwendung eines zukünftigen sektorübergreifenden Korrekturfaktors ausgenommen.

Seeverkehr

Die CO2-Emissionen aus dem Seeverkehr machen rund 3 Prozent bis 4 Prozent der Emissionen der Union aus. Diese Emissionen werden erstmals in das EU-ETS einbezogen werden. Die Verpflichtung von Schifffahrtsunternehmen zur Abgabe von Emissionszertifikaten wird schrittweise eingeführt: 40 Prozent für geprüfte Emissionen ab 2024, 70 Prozent ab 2025 und 100 Prozent ab 2026.

Die meisten großen Schiffe (Bruttoraumzahl höher als 5.000) werden von Anfang an in den Geltungsbereich des EU-ETS fallen, während andere große Schiffe, insbesondere Offshore-Schiffe, zunächst unter die Vorgaben der Verordnung (EU) 2015/757 (MRV shipping) (→ EUR-Lex) über die Überwachung, Meldung und Prüfung von CO2-Emissionen aus dem Seeverkehr und erst später unter das EU-ETS fallen werden. Nicht-CO2-Emissionen (Methan und N2O) werden ab 2024 unter die „MRV shipping“-Verordnung und ab 2026 unter das EU-EHS fallen.

Luftfahrt

Die kostenlosen Emissionszertifikate für den Luftfahrtsektor werden schrittweise abgeschafft. Ab 2024 reduziert sich die Anzahl der kostenlos zugeteilten Emissionszertifikaten um 25 Prozent, 2025 um 50 Prozent und ab 2026 werden die Emissionszertifikate vollständig versteigert. Bis zum 31. Dezember 2030 werden bis zu 20 Millionen Emissionszertifikate reserviert, um Anreize für Luftfahrzeugbetreiber zu schaffen, von der Verwendung fossiler Brennstoffe abzukehren. Auf Antrag soll mit Emissionszertifikaten der Kostendifferenz zwischen nachhaltigen Flugtreibstoffen (Sustainable Aviation Fuels – SAF) und Kerosin Rechnung getragen werden.

Das EU-ETS wird für innereuropäische Flüge (einschließlich Flüge in das Vereinigte Königreich und die Schweiz) gelten, während CORSIA von 2022 bis 2027 für außereuropäische Flüge in und aus Drittländern gelten wird, die an CORSIA teilnehmen (Grundsatz der „sauberen Abtrennung“).

Die Transparenz in Bezug auf Emissionen von Personen, die Luftfahrzeuge betreiben  wird verbessert, und es wird ein Rahmen für die Überwachung, Meldung und Prüfung von nicht-CO2-bedingter Auswirkungen der Luftfahrt geschaffen. Bis zum 1. Januar 2028 wird die Kommission aufbauend auf den Ergebnissen dieses Rahmens gegebenenfalls Maßnahmen zur Minderung der nicht-CO2-bedingten Auswirkungen der Luftfahrt vorschlagen.

Zur Erfüllung der internationalen Bestimmungen der Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) das globale CO2-Kompensations-System für den Flugverkehr (CORSIA) betreffend, wird die Überwachung der internationalen Emissionen vorgeschrieben und eine Verpflichtung zur Abgabe von Gutschriften nach dem Ende jeder CORSIA-Compliance Periode. Für die Periode 2021 bis 2023 sind bis zum 31. Jänner 2025 Gutschriften in der entsprechenden Höhe zu löschen. Für die Periode 2024 bis 2026 sind diese bis zum 31. Jänner 2028 zu löschen.

Gebäude, Straßenverkehr und weitere Sektoren („ETS-2“)

Das EU-Emissionshandelssystem wird um ein zweites Handelssystem (ETS-2) erweitert, welches jedenfalls bis 2030 in einem von ETS-1 getrennten Markt behandelt wird. Das neue System umfasst CO2-Emissionen aus der Überführung von Brennstoffen in den freien Verkehr durch „beaufsichtigte Unternehmen“ (zumeist: Brenn-/Kraftstofflieferanten an Endverbraucher:innen), die zur Verbrennung in den Sektoren Gebäude- und im Straßenverkehrssektoren sowie in zusätzlichen Sektoren (gewerbliche Produktion) verwendet werden.

Der Zielpfad startet im Jahr 2024 und wird für die Jahre 2025 bis 2027 jährlich um 5,1 Prozent verringert. Ab 2028 wird der lineare Zielpfad neu kalibriert und der jährliche Kürzungsfaktor auf 5,38 Prozent angehoben.

Alle Zertifikate werden über Versteigerungen ausgegeben, wobei für das Jahr 2027 um 30 Prozent mehr Zertifikate auf den Markt gebracht werden sollen, die von den Versteigerungsmengen 2029 bis 2031 abgezogen werden („front loading“). Im Jahr 2027 werden zudem 600 Millionen Zertifikate in die Marktstabilitätsreserve übergeführt. Diese Reserve dient der Preisstabilisierung im Verlauf der Handelsperiode.

Ab dem Jahr 2025 müssen regulierte Einrichtungen die ihnen zugerechneten Emissionen überwachen und ab 2026 der zuständigen Behörde melden; in Ergänzung sind Emissionen für das Jahr 2024 bis zum 30. April 2025 zu melden.

Ab dem Jahr 2028 müssen regulierten Einrichtungen jährlich bis 31. Mai Zertifikate für die ihnen zuzurechnenden Emissionen des Vorjahres abgeben. Sollte sich jedoch zeigen, dass die Energiepreise einen definierten Schwellenwert übersteigen, wird der Handelsstart um ein Jahr verschoben.

Weitere Schritte

Auf EU-Ebene wurden zuletzt einige der bestehenden delegierten beziehungsweise Durchführungs-Rechtakte überarbeitet. Weitere Rechtsakte werden derzeit revidiert bzw. erarbeitet, um die notwendigen Umsetzungsdetails zu regeln. Dazu gibt es auch eine Vielzahl an „Guidance Documents“, mit denen nähere Details zur Umsetzung der ETS-Richtlinie festgelegt werden: Aktuelle Guidance Documents (→ europa.eu)

Nationale rechtliche Umsetzung

Der nationale verwaltungsrechtliche Rahmen wurde über eine Novelle des Emissionszertifikategesetzes 2011 (EZG 2011) geschaffen, die mit BGBl. I Nr. 196/2023 (→ RIS) mit 31. Dezember 2023 veröffentlicht wurde.

Zuteilung von Emissionszertifikaten 2026 bis 2030

Weitgehend unverändert bleibt der Prozess zur Beantragung von Gratiszuteilungen für Anlagen für den Zeitraum 2026 bis 2030. Die genauen Regeln zur kostenfreien Zuteilung wurden in der FAR-VO festgelegt. Im Zuge der Änderung der Emissionshandelsrichtlinie erfolgt nunmehr auch eine Änderung dieser Zuteilungsregeln, die zugehörige Verordnung wurde am 30. Jänner 2024 von der Kommission angenommen und veröffentlicht, womit eine zweimonatige Prüfungsphase durch das EU-Parlament und den EU-Rat beginnt. Nach Ende dieser Prüfungsphase wird die Änderung der Zuteilungsregeln in Kraft treten.

Wesentliche Änderungen der Zuteilungsregeln betreffen: 

  • Anpassungen an den Grenzausgleichsmechanismus (CBAM – Carbon Border Adjustment Mechanism);
  • Zuteilungsberechtigung für Wärme aus Strom; 
  • Entfall des Abzuges von indirekten Emissionen bei Produkt-Benchmarks, bei denen eine Austauschbarkeit von Brennstoff und Strom gegeben ist;
  • Entfall der Bestimmungen zu Stromerzeugern inklusive Entfall der Anwendung eines linearen Faktors für diese Anlagen;
  • Änderungen der Systemgrenzen der Produktbenchmarks u. a. für Eisenerz, flüssiges Roheisen, Zementklinker, Tissuepapier und Wasserstoff;
  • Anwendung des Medians anstelle des Mittelwerts zur Berechnung der historischen Aktivitätsraten;
  • Änderungen bei der Berücksichtigung von Wärmerückgewinnung in Anlagenteilen mit Brennstoff-Benchmark oder Prozessemissionen;
  • Änderung des Wertes zur Berechnung der vorläufigen jährlichen Zahl der kostenlos zuzuteilenden Emissionszertifikate für Prozessemissionen, dieser Wert wird ab 2028 von derzeit 0,97 auf 0,91 abgesenkt;
  • Entfall der 95 % Deminimis-Regel bei der Zuordnung von Produkten/PRODCOMs zum Carbon Leakage Status. 
  • Für Anlagen mit Anlagenteilen mit Treibhausgasemissionswerten, die unter dem Durchschnitt der effizientesten 10 % der Anlagenteile liegen und auf die mehr als 60 % der vorläufigen jährlichen Zuteilung entfallen, ist ein Sektor übergreifender Korrekturfaktor nicht anzuwenden; 
  • Diese Bestimmungen gelten für Bestandsanlagen und für neue Anlagen, deren Anträge auf kostenlose Zuteilung bis zum 31. Dezember 2023 eingereicht wurden, ab 2026. Zudem sind folgende Verknüpfungen mit der Zuteilung 2026 bis 2030 maßgeblich.
  • Die Verknüpfung von 20 % der kostenlosen Zuteilung an die Bedingung der Umsetzung von in Energie-Audits oder Energiemanagementsystemen empfohlenen Maßnahmen, wobei auch verschiedene Ausnahmen vorgesehen sind; 
  • Die Verknüpfung von 20 % der kostenlosen Zuteilung an die Erstellung eines Klimaneutralitätsplans für Anlagen, deren Treibhausgasemissionswerte in den Jahren 2016 und 2017 mindestens in einem Anlagenteil über dem 80. Perzentil der Emissionswerte für die einschlägigen Produkt-Benchmarks lagen. Anlagenteile, auf die nicht mehr als 20 % der vorläufigen jährlichen Zuteilung entfallen, sind dabei nicht zu berücksichtigen.

Ein Antrag eine übergangsweise kostenfreie Zuteilung für die Periode 2026 bis 2030 kann bis 30. Mai 2024 gestellt werden. Nähere Details dazu finden Sie unter „Zuteilung von Emissionszertifikaten 2026–2030“.