Kernenergie leistet keinen Beitrag zum Klimaschutz

Studie bestätigt: Kernkraft ist nicht nachhaltig und hilft auch nicht bei der Erreichung von Klimazielen und Sozialstandards

Bundesministerin Leonore Gewessler und Sigrid Stagl, Expertin für Umweltökonomie
Bundesministerin Leonore Gewessler und Expertin Sigrid Stagl zur Kernenergie, Foto BMK / Cajetan Perwein

Auf EU-Ebene wird derzeit eine rege Debatte rund um die sogenannte Taxonomie-Verordnung geführt, welche EU-weite, wissenschaftlich fundierte Regeln dazu schafft, welche wirtschaftlichen Tätigkeiten als ökologisch nachhaltig zu bewerten sind und welche nicht. Eine vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Technologie und Innovation (BMK) in Auftrag gegebene Studie, die eine objektive Beurteilung der Kernenergie im Zusammenhang mit den Kriterien der Taxonomie-Verordnung gewährleistet, kommt nun zu dem Schluss, dass die Kernenergie jedenfalls nicht als ökologisch nachhaltig zu bewerten ist.

Fakten belegen: Kernenergie bringt keinen Umweltschutz

Die Studie wurde bei Professorin Sigrid Stagl, einer anerkannten Expertin im Bereich der Umweltökonomie, beauftragt. Österreichs Haltung in Sachen Kernenergie ist seit vielen Jahrzehnten eindeutig und hinreichend bekannt. Österreich hat wiederholt festgestellt, dass die Kernenergie als Energiequelle nicht erneuerbar ist und auch nicht zur Erreichung der Klimaziele beitragen kann, weshalb sie abzulehnen ist und nicht Teil des Energiemix der Zukunft sein soll.

Mit der nun vorliegenden Studie wird diese Haltung einmal mehr durch Fakten und sachliche Argumente untermauert. Gemeinsam mit Luxemburg wurde die beauftragte Studie im Dezember 2020 an die EU-Kommission übermittelt.

Erneuerbare Energieträger sinnvoller und besser für das Klima

Die wichtigsten Erkenntnisse der Studie lauten wie folgt:

Die Kernkraft leistet keinen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz.

Die Kernenergie ist zwar eine Energiequelle, die weniger CO2-Emissionen als fossile Brennstoffe verursacht. Allerdings gibt es andere Energiequellen, erneuerbare Energieträger (Sonne, Wind, Wasser), mit noch geringeren Treibhausgasemissionen, deren Beitrag zum Klimaschutz nicht durch vergleichsweise hohe Risiken infrage gestellt wird.

Die Kernenergie erfüllt die Taxonomie-Voraussetzung „Do No Significant Harm“ betreffend alle in der Taxonomie genannten Umweltziele nicht.

Diese Umweltziele sind Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz der Wasser-und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme.

Wichtige Punkte der wissenschaftlichen Literatur diesbezüglich sind die folgenden:

  • Risiken nuklearer Unfälle können nicht ausgeschlossen werden.

  • Durch erhöhte Temperaturen führt der Schutz gegen Klimawandelauswirkungen zu steigenden Kosten bei Kernkraftwerken (KKW). Gleichzeitig sinkt die Produktivität von KKW wegen extremer Klimaschwankungen.

  • Kernkraft benötigt überdurchschnittlich viel Wasser – erhöhte Wassertemperaturen und reduzierte Wasserführung haben bereits zu Unterbrechungen der Stromerzeugung geführt.

  • Beim Abbau von Uran fallen erhebliche Mengen an Abfallstoffen und Prozesswasser an, die schwach radioaktive Stoffe, Metalle und Säure enthalten.

  • Die Frage der Lagerung hochradioaktiver Stoffe ist nach wie vor ungeklärt. Abfälle werden immer noch zwischengelagert und stellen eine weitere Gefahr dar, für die keine weitreichenden Lösungen existieren.

Die Kernenergie entspricht nicht den internationalen Sozialstandards, die im Rahmen der Taxonomie vorausgesetzt werden.

Uranbergbau und -verarbeitung, die für den Betrieb von Kernkraftwerken notwendig sind, haben immer wieder mit Menschenrechts-und Sicherheitsfragen zu kämpfen. Dies betrifft sowohl die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in den Bergwerken als auch das Menschenrecht auf Zugang zu Ressourcen, wie zu sauberem Wasser und Land für die lokale Bevölkerung.

Weitere Studienergebnisse

  • Die politische, wirtschaftliche, soziale und technische Durchführbarkeit von Sonnen-und Windenergie und Stromspeichertechnologien hat sich in den letzten Jahren extrem gesteigert. Kernenergie hingegen kann keine diesbezüglichen Verbesserungen verzeichnen.

  • Kernenergie ist in weiten Teilen der Welt gesellschaftlich wenig akzeptiert.

  • Erneuerbare Energieträger sind hingegen einfach realisierbar, weitgehend risikofrei, wirtschaftlicher und werden mit jedem Jahr kostengünstiger.

  • Ein Verlass auf die Kernenergie zur Senkung der Treibhausgasemissionen würde wegen der langen Entwicklungszeiten die Stilllegung von fossil befeuerten Kraftwerken verzögern, da letztere für diese Zeit in Betrieb bleiben – damit wäre die Erreichung der Klimaziele nicht mehr möglich.

  • Kernenergie behindert aufgrund der hohen Kapitalintensität den Einsatz anderer CO2-emissionsarmer Alternativen, weil dieses Kapital für den Ausbau alternativer Energiequellen wie Sonne, Wind und Wasser sinnvoller eingesetzt werden könnte.

  • Die Kernenergie geht weiterhin einher mit Risiken nuklearer Unfälle, Risiken des Uranabbaus, finanziellen und regulatorischen Risiken, ungelösten Fragen der Abfallentsorgung und Bedenken hinsichtlich der Verbreitung von Kernwaffen.

  • Kernenergie ist keine brauchbare Übergangs- und Überbrückungstechnologie