StVO-Novelle bringt umfassende Verbesserungen für aktive Mobilität  Stellenwert von Radfahren und Zufußgehen deutlich erhöht, Verankerung von Schulstraßen

Die Straßenverkehrsordnung (StVO) regelt die sichere Nutzung der Straße durch alle Verkehrsteilnehmenden und stammt in vielen Bereichen aus den 1960er-Jahren.

Auf Basis langjährig diskutierter Vorschläge und breiter Einbeziehung von Expertinnen und Experten – im Jahr 2020 gaben rund 100 Fachleute Stellungnahmen in einem Konsultationsprozess ab – werden durch die StVO-Novellierung zahlreiche Verbesserungen für Menschen, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind, erarbeitet. Dabei wird die erforderliche Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmenden gewährleistet. 

Der heute vorgestellte Begutachtungsentwurf der StVO-Novelle bringt eine deutliche Verbesserung für Fußgängerinnen und Fußgänger, das Radfahren und der Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden. Damit wird der Stellenwert der „aktiven Mobilität“ erhöht und die Verkehrsbehörden erhalten bessere Instrumente für Fuß- und Radverkehr zur Verfügung gestellt. Das bringt ein Mehr an Lebensqualität, Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden und mehr Klimaschutz.

Bundesministerin Leonore Gewessler
Leonore Gewessler, Foto Raimund Appel
„Ganz egal ob in der Stadt, in der Gemeinde oder am Land – wir alle sind viel unterwegs, sei es zu Fuß oder mit dem Rad. Die Vorschriften der StVO spiegeln derzeit die Bedeutung dieser grundlegenden Formen der Mobilität bei weitem nicht wider. Besonders für das Radfahren und Zufußgehen ist es überfällig, die Verkehrsregeln ins 21. Jahrhundert zu holen. Und genau das machen wir mit der Novelle der StVO. Radfahrer:innen und Fußgänger:innen bekommen endlich einen höheren Stellenwert. Und wir verringern dabei auch Barrieren für Menschen, die im Rollstuhl, mit Rollator oder einem Kinderwagen unterwegs sind. Das garantiert mehr Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden und bringt ein Mehr an Lebensqualität und Klimaschutz“, meint Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.

Die wichtigsten Änderungen für den Radverkehr

Zahlreiche Verbesserungen im Sinne von Vereinfachungen der Rechtslage und Verkehrssicherheit, neue Möglichkeiten für Radfahrende und Behörden. Die wichtigsten sind:

  • Mindestabstand beim Überholen von Radfahrenden von 1,5 m innerorts und 2 m außerorts (Ausnahme: KFZ fährt höchstens 30 km/h schnell, kann der Seitenabstand reduziert werden)
  • Öffnung von Einbahnen für den Radverkehr: Einbahnstraßen mit einer Breite von mindestens 4 m (ohne Parkplätze) und Tempo 30 (oder weniger) sind künftig durch die jeweilige Behörde verpflichtend per Verordnung für den Radverkehr zu öffnen und entsprechend zu beschildern, außer die Behörde begründet dass die Sicherheit nicht gegeben ist. In Wohnstraßen, die gleichzeitig auch Einbahnen sind, darf schon bisher gegen die Einbahn mit dem Rad gefahren werden; dies wird auf Begegnungszonen ausgeweitet.
  • Nebeneinanderfahren erleichtern: Neben einem Kind fahren wird grundsätzlich erlaubt, außer auf Schienenstraßen, ansonsten für zwei Radfahrende bei Tempo 30 (außer Schienen- und Vorrangstraßen). Darauf zu achten ist, dass niemand dabei niemand gefährdet und am Überholen gehindert wird.
  • Flexibilität für Behörden bei Radinfrastrukturplanung: weniger gesetzliche Vorgaben bei Platzierung von Verkehrszeichen, VO-Ermächtigung zum Befahren durch landwirtschaftliche Fahrzeuge und (außerorts) bestimme E-Zweiräder (S-Pedelecs)
  • erleichtertes Radfahren in Gruppen: fährt eine Gruppe (mindestens 10 Personen, erste und letzte tragen Warnwesten) in eine Kreuzung ein, ist ihnen das gemeinsame Verlassen einer Kreuzung zu ermöglichen (z. B. wenn die Ampel währenddessen auf Rot umgeschaltet hat). Voraussetzung ist, dass dabei der Voranfahrende stehen bleibt und das Ende der Gruppe anzeigt.
  • Abbiegen – der „Grünpfeil“ kommt: Die Behörde kann Rechtsabbiegen bei Rot mit eigenem Verkehrszeichen erlauben, wenn es die Verkehrssicherheit nicht gefährdet. Davor muss der/die Radfahrende anhalten und sicherstellen, dass das Abbiegen ohne Gefahr, vor allem für Fußgänger:innen, möglich ist.
Beispiel Grüner Pfeil für ein Abbiegen mit dem Fahrrad
Beispiel Grünpfeil,  Foto BMK
Nationalratsabgeordneter Andreas Ottenschläger
Andreas Ottenschläger,  Foto Raimund Appel
„Für uns steht die gegenseitige Rücksichtnahme und das Miteinander aller Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr im Mittelpunkt. Diese Novelle schafft positive Rahmenbedingungen zur Weiterentwicklung der aktiven Mobilität, insbesondere ist uns unter anderem die Einführung der Schulstraßen ein wichtiges Anliegen“, hebt Nationalratsabgeordneter und ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger hervor.

Die wichtigsten Änderungen für den Fußverkehr

Die zentralen Regeln für Fußgänger:innen werden aktualisiert, vereinfacht und an die Lebensrealität angepasst. Die wichtigsten sind:

  • Die immer beliebter werdende „Schulstraße“ wird als eigenes Instrument und mit einem eigenen Verkehrszeichen für die Behörden in der StVO verankert, dies musste bisher mit einzelnen Fahrverboten geregelt werden. 
  • Fußgängerfreundliche Ampelschaltungen: Ampeln sind so zu schalten, sodass neben den Erfordernissen der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nun auch die Bedürfnisse von Fußgänger:innen, nach kurzer Wartezeit und ohne Eile queren zu können, berücksichtigt werden.
  • Ende der Behinderung von Fußgänger:innen: Behindern von Fußgänger:innen auf Gehsteigen und Gehwegen durch Fahrzeuglenker und Hindernisse wird klar untersagt.
  • Sicherere Öffi-Haltestellen: Fahrzeuge müssen ausnahmslos stehenbleiben, solange Fahrgäste ein- und aussteigen. Damit gilt das Vorbeifahren an der Ausstiegsseite von Öffis in einer Haltestelle nicht mehr.
  • LKW-Sicherheit beim Rechtsabbiegen: Schrittgeschwindigkeit, wenn mit Fußgänger:innen zu rechnen ist. Verordnung von Abbiegeverbot für LKW ohne Assistenzsystem wird erleichtert, indem Beifahrer:in dieses ersetzen kann.
  • Mehr Sicherheit bei Häftlingstransporten: praxisnahe Regelungen für Fahrzeuge der Strafvollzugsverwaltung
Beispiel Behinderung von Gehwegen
Beispiel Behinderungen auf Gehwegen,  Foto BMK
Nationalratsabgeordneter Lukas Hammer
Lukas Hammer,  Foto Raimund Appel
„Alle Menschen sollen die Möglichkeit bekommen, ihre Alltagswege sicher und bequem zu Fuß oder mit dem Rad zu bewältigen – nicht nur die Mutigen. Für diese Vision braucht es neben dem Ausbau sicherer Radwege auch bessere Gesetze, um alle Verkehrsteilnehmer:innen bestmöglich zu schützen. Mit dem heute vorgestellten Paket machen wir viele wichtige Schritte in diese Richtung“, betont Nationalratsabgeordneter und Grünen-Sprecher für Aktive Mobilität und Klimaschutz Lukas Hammer.

Änderungen der StVO für Schulstraßen

Es wird nun eine einheitliche Lösung geschaffen, die durch die jeweilige Behörde/Gemeinde erlassen werden kann. Bisher gab es gar keine eigenen Regelungen, Fahrverbote rund um Schulstraßen per Verkehrszeichen kundzumachen. Nun wird die Schulstraße als Instrument mit einheitlichen Regelungen und einem eigenen Verkehrszeichen in die StVO aufgenommen. Dies wird die Anwendung erleichtern und die Schulstraße bekannter machen. Unbedingt notwendige KFZ-Fahrten zum Zu- und Abfahren sind in Schrittgeschwindigkeit weiterhin möglich. Radverkehr in Schrittgeschwindigkeit ist generell erlaubt.

Beispiel Schulstraße
Schulstraße mit Verkehrsschild,  Foto BMK

Ausblick auf die nächste StVO-Novelle

Für die nächste StVO-Novelle sind bereits Verbesserungen zum Einschreiten gegen Drogenlenker:innen (Regelungen zur Verankerung einer standardisierten Fahrtauglichkeitsuntersuchung, Vortests, etc.) und extreme Raser (Stufenmodell Stilllegung/Beschlagnahme von Fahrzeugen für Unbelehrbare) sowie die rechtliche Prüfung für eine mögliche Einführung von automatisierter Zufahrtskontrolle per Video gemeinsam in Arbeit.

Nächste Schritte

Die Novelle der Straßenverkehrsordnung wird durch das Klimaschutzministerium in den kommenden Tagen in Begutachtung geschickt. Bis 1. Juni können Stellungnahmen abgegeben werden. Anschließend wird der Entwurf finalisiert und an das Parlament weitergeleitet.