Wien Margareten Agenda-Vorbild

Lokale Agenda in Zeiten von Corona - Wien Margareten stand nach seinem Start als Agendabezirk Anfang des letzten Jahres plötzlich vor der zwiespältigen Aufgabe, zum einen Partizipation zu fördern, jedoch Kontakte zu vermeiden. Wie dieser Spagat zwischen ursächlichem Ansatz eines Beteiligungsprozesses und fordernder Pandemie dennoch gelang und welch kreativen Formate daraus entstanden sind, zeigt ein Rückblick auf Margaretens Startjahr zur Lokalen Agenda. Der Bezirk hat jedenfalls noch viel vor und lässt sind keineswegs einbremsen.

Stadtplan Wien Margareten mit Hervorhebungen zur Agenda
Agenda Wien Magareten, Foto Caritas/Plansinn

Kurzprofil zum Bezirk

Margareten ist der 5. Wiener Gemeindebezirk und von seiner Lage innerstädtisch und sehr dicht besiedelt, rund 55.000 Einwohnerinnen und Einwohner leben auf zwei Quadratkilometern. Etwas mehr als 40 Prozent der Bewohnenden haben eine ausländische Staatsangehörigkeit, die Hälfte davon kommt aus EU Ländern. Der frühere Arbeiterbezirk ist sehr beliebt bei jungen Kreativen und multikulturell geprägt. Ein weiterer Schub an Veränderung geht aktuell mit dem Ausbau der U-Bahn einher. Damit kommt ein hochrangiges öffentliches Verkehrsmittel mitten nach Margareten und verbessert die Anbindung des Bezirks an das Zentrum Wiens. Gleichzeitig kann der öffentliche Raum wie etwa die Reinprechtsdorferstraße als Hauptachse des Bezirks oder der Siebenbrunnenplatz mit neuen Aufenthaltsqualitäten (z.B. Bäume, breitere Gehsteige, neue Sitzgelegenheiten) versehen und der Autoverkehr verringert werden. Die Einführung von Tempo 30 auf fast allen Straßen des Bezirks sowie der laufende Ausbau der Radinfrastruktur tragen ebenfalls zur Steigerung der Lebensqualität bei. 

Die Bevölkerung Margaretens ist von der Verteilung zwischen Jung und Alt sehr divergierend, so gibt es starke Zuwächse bei den unter 15-Jährigen und gleichzeitig erhöht sich der Anteil der Personen über 60 Jahren. Was die Bildungsabschlüsse betrifft, weist etwas mehr als die Hälfte der Bewohnenden Matura oder Hochschulabschluss auf. Im Ranking der Bezirke anhand des durchschnittlichen Netto-Jahresbezugs liegt Margareten mit rund 20.500 Euro (2018) pro Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerin im hinteren Feld der Wiener Bezirke.

Struktur und Personen

Mit dem Management der „Lokalen Agenda 21 Plus Margareten“ ist die Arbeitsgemeinschaft Caritas der Erzdiözese Wien und PlanSinn GmbH beauftragt. Prozessbegleitende Personen sind Tanja Gerlich (Projektleiterin), Kirsten Förster, Karin Pointner, Milena Schnee und Fabian Mayrhofer.

Prozessverlauf der Lokalen Agenda 21 in Wien Margareten

Mit Jänner 2020 startete der Agenda-Prozess in Margareten und man war kurz nach Beginn damit konfrontiert, diesen rasch an die neue und unerwartete Situation durch Covid-19 anpassen zu müssen. Wäre im ersten Prozessjahr die Aktivierung der Bevölkerung über Aktionen des persönlichen Kennenlernens und einem Netzwerkaufbau geprägt gewesen, musste situationsbedingt auf digitale Formate und Outdoor-Aktivitäten umgestellt werden, um die Menschen im Bezirk unter Einhaltung aller Corona-Vorgaben trotzdem zu erreichen – dies hält nun aufrecht bis persönliche Kontakte wieder möglich sein werden.

Projekte und Aktionen

Ein LaMa für Margareten

Als Symbol für einen spielerischen und lustvollen Umgang mit Beteiligung taucht im Prozess immer wieder ein Lama als Bild auf. LaMa steht dabei als Abkürzung für Lokale Agenda Margareten. Es soll damit Neugierde geweckt und ein niederschwelliger Zugang zum Prozess angeregt werden.

Angebot von digitalen Formaten

Digitale Öffentlichkeitsarbeit

Um die Menschen auch ohne persönlichen Kontakt gut erreichen zu können, wurde im Prozess verstärkt auf Online-Präsenz gesetzt und u.a. ein eigener Instagram-Kanal mehrmals pro Woche bespielt, indem sich das Team vorgestellt hat, Bilderrätsel zu Orten im Bezirk gepostet wurden oder spielerisch die Inhalte der Lokalen Agenda vermittelt wurden.

Online-Befragung

Um die Anliegen und vor allem Ideen der Bevölkerung aus Margareten in Erfahrung zu bringen, wurde zwischen Juni und September eine Online-Befragung durchgeführt, an der sich über 300 Menschen aus dem Bezirk beteiligt haben. Die Ergebnisse stehen unter agendamargareten.at zur Verfügung.

Virtuelle Treffen

Das Format Agenda-Treff – ein monatliches Zusammenkommen von interessierten Bürgerinnen und Bürgern – wurde digital angeboten. Hier wurde mit rund 10 Teilnehmenden pro Treffen zu Projekt-Ideen diskutiert.

Aktivierung im öffentlichen Raum

In Form von Grätzltouren war das Team in der warmen Jahreszeit regelmäßig mit Lastenrad und Infomaterial im Bezirk unterwegs. Unter Einhaltung aller Hygienemaßnahmen konnte so ein erstes persönliches Kennenlernen im Freien stattfinden. Als aktivierendes Element wurde hier eine Karte des Bezirks eingesetzt, auf der z.B. Lieblingsorte oder kühle und heiße Orte mit Pinnadeln markiert werden konnten, um ins Gespräch zu kommen. Dabei wurden Anliegen und Ideen für Margareten erfragt, aber auch das Konzept des Agenda-Prozesses niederschwellig vermittelt.

Ideen-Werkstätten

Vom ursprünglichen Konzept einer großen Auftaktveranstaltung wurde abgesehen und so fand im Sommer eine erste Ideen-Werkstatt im Einsiedlerpark statt. Eine weitere folgte im Oktober im Festsaal der Bezirksvorstehung, die ausreichend Platz bot, um mit dem gebotenen Abstand die Ergebnisse der Online-Befragung zu präsentieren und mit rund 25 Menschen an den ersten Projekt-Ideen konkret weiter zu arbeiten.

Spaziergang zu „Murals of Margareten“

Mit Blick nach oben durch Margareten spazieren und dabei die beeindruckenden Fassadenbilder im Bezirk zu entdecken, war das Motto des ersten Spazierganges, der von zwei Bewohnern angeleitet wurde.
Das Format eignet sich dazu, die Vielfalt von Aktivitäten in einem Agenda-Prozess aufzuzeigen und abseits von digitalen Treffen und Arbeitsbesprechungen, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Eine Fortsetzung von thematischen Spaziergängen in Kooperation mit Personen aus dem Bezirk und Institutionen ist geplant.

Ausblick

Nach dem ersten Agendajahr im Bezirk und umfassenden Aktivierungsangeboten, stehen nun bereits erste Projektideen an der Schwelle zur Realisierung und zur Gründung von Agendagruppen. Im Prozess war von vornherein ein Schwerpunkt auf das Thema Fairtrade vorgesehen, das bereits erste Umsetzungsschritte in der Online-Reihe „In Margareten fairtreten“ gefunden hat. Hier werden Lokale und Geschäfte im Bezirk vorgestellt, die faire bzw. nachhaltige Produkte anbieten. Diese Reihe wurde von einer Bewohnerin ins Leben gerufen und es sind bereits weitere Aktionen, wie ein faires Frühstück geplant sowie der Bezirk dabei begleitet werden soll, die Zertifizierung zum Fairtrade-Bezirk zu erreichen.

Weitere Aktive suchen noch Mitstreitende zum Beispiel zum Thema „Spaziergänge / zu Fuß gehen“ oder zur Organisation eines regelmäßigen Spieleabends. Ebenso ist für dieses Jahr der Bau eines Lehmofens in einem Margaretner Park geplant, damit die Menschen im öffentlichen Raum einander beim gemeinsamen Brot- oder Pizzabacken kennenlernen und miteinander ins Tun kommen.

Bei allen Aktivitäten gilt es, Möglichkeiten zu finden, die den geltenden Coronaregeln entsprechen. und im Kern des Anliegens über alternative Formate trotzdem Beteiligung und Kooperationen ermöglichen.

Redaktion und Rückfragen

Tanja Gerlich
E-Mail: Tanja.Gerlich@caritas-wien.at

Die Inhalte dieser Seite wurden von Tanja Gerlich, Lokale Agenda 21-Beraterin für Wien Margareten, gestaltet.