Band 33: FAST  VSF-Forschungsarbeit, Juli 2014

Im Forschungsprojekt „Fahrverhaltensstudien zur Ablenkungsbewertung von Straßeninfrastruktur“ (FAST) wurde untersucht, welche Elemente der Straßeninfrastruktur ein potentielles Ablenkungsrisiko aufweisen und wie sich diese Ablenkung auf das Fahrverhalten auswirkt.

Titelbild der Publikation

Dazu wurden Fahrverhaltensstudien mit 52 Probandinnen und Probanden im realen Straßenumfeld auf einer vordefinierten Teststrecke durchgeführt. Ein speziell ausgestattetes Messfahrzeug zeichnete die Fahrdynamik (zum Beispiel Beschleunigungen, Lenkmanöver), Augenbewegungen der Lenkerinnen und Lenker mittels Eye-Tracking sowie Außenraumvideos auf.

Insgesamt wurden Fahrten im Ausmaß von 61 Stunden und 1.900 Kilometer erfasst, welche auf Basis vordefinierter Points of Interest (POI, Örtlichkeiten mit potentiellem Ablenkungsrisiko) analysiert wurden. Im Projekt wurden 30 POI betrachtet, welche die folgenden Bereiche abdecken:

  • Gestaltung von Kreuzungen und Kreisverkehrsanlagen
  • Anordnung und Design von Verkehrszeichen und Hinweisschildern
  • Portalgestaltung bei Tunnel und Unterführungen
  • Gleise in Längs- oder Querrichtung
  • Bodenmarkierungen
  • Beleuchtung bei Dunkelheit
  • Straßenseitige Lärmschutzwände
  • Sonstige potentiell ablenkende Elemente

Nach Ende der Testfahrten wurden die aufgezeichneten Daten aus den unterschiedlichen Quellen zusammengeführt und aggregiert. Im Zuge der Auswertung wurden Eye-Tracking-Daten, die Aussagen aus qualitativen Interviews mit Probandinnen und Probanden sowie ausgewählte Daten der Fahrdynamik betrachtet.

Um das Blickverhalten innerhalb der POI hinsichtlich der visuellen Ablenkung zu beurteilen, wurden drei Parameter herangezogen:

  1. Blicke länger als 1,2 Sekunden Verweildauer auf bestimmte Regionen innerhalb der POI,
  2. der zeitliche Anteil aller Blicke, die innerhalb einer Region liegen (Relative Gaze) und
  3. die jeweilige Verkehrssituation (Fahrt/Stillstand, beeinflusst/freie Fahrt).

Hinsichtlich Fahrdynamik wurden Abweichungen in der Fahrgeschwindigkeit beziehungsweise im Lenkverhalten im Vergleich zum normalen Fahrverhalten (außerhalb der POI) analysiert. Neben den POI wurde das Fahrverhalten auch bei Örtlichkeiten außerhalb der vordefinierten Streckenabschnitte untersucht, indem fahrsicherheitskritische Ereignisse auf Basis auffälliger Längsverzögerungs- beziehungsweise Querbeschleunigungswerte identifiziert wurden. Um neben den Messdaten aus der Fahrdynamik und Blickbewegung die subjektive Sichtweise der Probandinnen und Probanden in die Studie einzubeziehen, wurden mit zehn Probandinnen und Probanden nach der Fahrt problemzentrierte Interviews durchgeführt.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die in dieser Studie untersuchten Elemente der Straßeninfrastruktur auf Basis der berücksichtigten Parameter großteils als nicht ablenkend einzustufen sind. Demzufolge kann das Ablenkungsrisiko, das von Straßeninfrastruktur im Allgemeinen ausgeht, als gering angesehen werden. Die Projektergebnisse zeigen, dass Straßenbahngleise in der Fahrbahn, Lärmschutzwände am Fahrbahnrand sowie besonders auffällige und unerwartete Infrastrukturelemente die Aufmerksamkeit auf sich ziehen und somit potentiell ablenkend sind. Infrastrukturelemente, deren Funktion nicht selbsterklärend ist, können längere Blickzuwendungen zur Folge haben. Ablenkung durch Straßeninfrastruktur tritt vereinzelt auf und nimmt daher insgesamt als Forschungsfeld im Bereich „Ablenkung im Straßenverkehr“ eine untergeordnete Rolle ein, solange die jeweiligen Designrichtlinien im Straßenbau eingehalten werden.

Hinweis

Haben Sie Interesse am Bericht, wenden Sie sich bitte an road.safety@bmk.gv.at.