Band 61: Observe  VSF-Forschungsarbeit

Das primäre Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines risikobasierten Bewertungsverfahrens für ungeregelte Schutzwege, basierend auf Daten der örtlichen Unfallstatistik, Fußgänger-Lenker-Interaktionsbeobachtungen, Verkehrszähldaten sowie sonstiger lokaler Einflussfaktoren.

Titelbild der Publikation

Fußgängerinnen und Fußgänger genießen auf ungeregelten Schutzwegen aufgrund der gesetzlich verankerten Vorrang-Regelung nach § 9 Absatz 2 StVO gegenüber dem Fließverkehr einen „erhöhten Schutz“. Inwieweit dieser Schutz auch tatsächlich gegeben ist, hängt wesentlich von der Straßeninfrastruktur ab. Die Benützung ungeregelter Schutzwege stellt zuweilen ein erhebliches Gefährdungspotenzial dar, weil etliche Fahrzeuglenker oder -lenkerinnen den Vorrang der zu Fuß Gehenden entweder willentlich ignorieren oder aufgrund von Ablenkungen oder einer falsch gewählten Fahrgeschwindigkeit nicht rechtzeitig wahrnehmen können.

Das Projekt sollen die Auswirkungen diverser infrastruktureller und verkehrstechnischer Maßnahmen (zum Beispiel Mittelinseln, Gehsteigvorziehungen, Querungsbreite) auf das Unfall- und Verletzungsrisiko an spezifischen Querungsstellen evaluiert sowie Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.

An insgesamt 85 Schutzwegstandorten in Wien und Graz wurden mehrtägige Videobeobachtungen durchgeführt. Basierend auf einem mehrstufigen Qualitäts- und Plausibilitätsprüfverfahren wurde jene Standorte ausgewählt, welche zufriedenstellende Trackingergebnisse lieferten und eine ausreichende Anzahl von Interaktionen beobachtet werden konnte. Für die Modellbildung wurden insgesamt 54 Standorte herangezogen.

Gelingt es, durch geeignete (Infrastruktur-) Maßnahmen einen einzigen Fußgängerunfall an ungeregelten Schutzwegen zu verhindern, können volkswirtschaftliche Unfallkosten in der Höhe von bis zu 190.000 Euro vermieden werden. Im Vergleich dazu sind die entsprechenden Investitionskosten als vernachlässigbar anzusehen.