Basisinformationen zum Emissionshandel im Flugverkehrs-Sektor

Mit der Änderung der EU-Emissionshandelsrichtlinie durch die Richtlinie 2008/101/EG erfolgte die Einbeziehung des Luftverkehrs in das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Europäischen Union. In Österreich wurde dies mit der Novelle des Emissionszertifikategesetzes umgesetzt.

Luftfahrzeugbetreiber:innen im Sinne der Richtlinie sind seit dem Jahr 2010 verpflichtet, ihre Tonnenkilometerleistung und CO2-Emissionen zu überwachen und darüber jährlich Bericht zu erstatten. Um einen gemeinsamen Standard der Überwachung zu gewährleisten, sind die Betreiber:innen verpflichtet, Überwachungskonzepte zu erstellen und an die zuständige Behörde (in Österreich das Bundesministerium für Klimaschutz, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie) zu übermitteln. Diesbezügliche rechtliche und technische Grundlagen für die Überwachung beruhen auf EU-weit einheitlichen Vorgaben.

Grundsätzlicher Anwendungsbereich

DVom Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten sind alle Flüge erfasst, die auf dem Hoheitsgebiet des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) starten oder landen, dem sogenannten „reduced scope“. Ausgenommen sind generell Luftfahrzeuge bis zu einem höchstzulässigen Startgewicht von 5.700 Kilogramm, sowie spezielle Flugzwecke wie Militär-, Polizei-, Rettungs-, Löschflüge und humanitäre Einsätze oder Flüge zum Zweck wissenschaftlicher Forschung. Für gewerbliche Luftfahrtunternehmen bestehen zudem sogenannte „de-minimis“-Ausnahmen in Bezug auf Flugfrequenz und Emissionsmenge (maximal 729 Flüge pro Jahr und 10.000 Tonnen CO2). Details darüber sind dem Annex I der Richtlinie zu entnehmen.

Im Jahr 2017 wurde die Fortführung des zunächst von 2013 bis 2016 gültigen „reduced scope“ im EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS) bis Ende 2023 beschlossen, womit die Bemühungen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO), ein globales marktbasiertes Klimaschutzinstrument zur Minderung der internationalen Luftverkehrsemissionen zu etablieren, unterstützt wurde. Im Jahr 2016 beschloss die ICAO, das System zur Kompensation und Minderung von ⁠Treibhausgas⁠-Emissionen der internationalen Luftfahrt (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation, kurz CORSIA) ab 2021 einzuführen. In der EU soll CORSIA durch die EU-Emissionshandelsrichtlinie in europäisches Recht umgesetzt werden.

Zertifikate

Seit 2012 müssen Luftfahrzeugbetreiber:innen für jede emittierte Tonne CO2 eine Emissionsberechtigung abgeben. Die meisten Luftfahrzeugbetreiber:innen haben dafür auf Antrag eine bestimmte Menge kostenloser Berechtigungen erhalten, die sich an ihrer Transportleistung des Jahres 2010 orientierte. Ab 2013 entspricht die jährliche Gesamtmenge 95 Prozent der historischen Emissionen. 15 Prozent der Zertifikate werden im Wege von Versteigerungen durch die Mitgliedstaaten ausgegeben, 3 Prozent werden ab 2013 einer Sonderreserve für neue Marktteilnehmer:innen und besonders stark wachsende Luftverkehrsunternehmen zugeführt. Alle übrigen Zertifikate werden auf Antrag kostenfrei an bestehende Luftfahrzeugbetreiber:innen von den jeweiligen Verwaltungsmitgliedstaaten zugeteilt. Bis Ende März jeden Jahres müssen Betreiber:innen eine Anzahl Emissionszertifikate abgeben, die ihren tatsächlichen überprüften Emissionen für das vorhergehende Kalenderjahr entspricht.

Die Luftfahrzeugbetreiber:innen, die Österreich zugeteilt wurden, müssen im österreichischen Teil des Unionsregisters ein Konto eröffnen, um Emissionszertifikate zu erhalten, zu handeln und ihre Abgabeverpflichtung erfüllen zu können.

Verknüpfung mit dem Emissionshandelssystem der Schweiz

Am 1. Jänner 2020 ist das Abkommen zur Verknüpfung der Emissionshandelssysteme der Schweiz und der EU (sog. Linking) in Kraft getreten. Die Schweiz ist damit das erste Land, das sein Treibhausgas-Emissionshandelssystem erfolgreich mit dem EU-EHS verknüpft hat. Durch die Verknüpfung unterliegen Emissionen von Flügen aus dem EWR in die Schweiz der Berichts- und Abgabepflicht des EU-EHS, die von Flügen von der Schweiz in den EWR sowie innerhalb der Schweiz der des Schweizer EHS. Verwaltet werden Luftfahrzeugbetreiber:innen für beide Systeme aber nur von einem Staat.

Brexit und das UK-EHS

Aufgrund rechtlicher Änderungen in Zusammenhang mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und mit dem zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich geschlossenen Handels- und Kooperationsabkommen, das am 1. Mai 2021 endgültig in Kraft getreten ist, wurde für den Luftverkehr vereinbart, dass alle abfliegenden Flüge aus dem Europäischen Wirtschaftsraum in das Vereinigte Königreich dem EU-EHS unterliegen.

Aufgrund eines am 13. Dezember 2021 ergangenen Beschlusses der Europäischen Kommission, basierend auf der EU-Emissionshandelsrichtlinie sowie gemäß Artikel 49 der Verordnung (EU) 2019/1122 der Kommission vom 12. März 2019 über das Unionsregister, war es notwendig, die Zuteilungen von kostenfreien Emissionszertifikaten an Luftfahrzeugbetreiber:innen für die Jahre 2021, 2022 und 2023 neu zu berechnen.

ICAO-Aktivitäten für einen globalen Emissionshandel

Auf Ihrer 39. Generalversammlung beschloss die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) im Herbst 2016 eine marktbasierte Maßnahme zur Begrenzung der CO2-Emissionen des internationalen Luftverkehrs. CORSIA (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation) sieht ein Offsetting von CO2-Emissionen durch Projektgutschriften und Emissionsberechtigungen aus Emissionshandelssystemen vor, um ein CO2-neutrales Wachstum des internationalen Luftverkehrs ab 2020 zu erreichen. Das maßgebliche Regelwerk der ICAO, die „Standards and Recommended Practices“ (SARPs), legt dabei unter anderem administrative Erfordernisse, Überwachungs-, Berichterstattungs- und Verifizierungsregeln (MRV-Regeln) und die Berechnung der Höhe der Kompensationsverpflichtungen fest. Sie wurden 2018 vom ICAO-Rat beschlossen und gelten seit dem 1. Jänner 2019. Seither sind Luftfahrzeugbetreiber:innen aus allen ICAO-Mitgliedstaaten unter CORSIA zum Monitoring ihrer CO2-Emissionen aus dem internationalen Luftverkehr verpflichtet.

Die EU unterstützt diesen Prozess, indem sie Flüge, die außerhalb des Hoheitsgebiets des EWR starten oder landen, vorübergehend vom EU-EHS ausnimmt. Am 31. Dezember 2018 wurde zudem die so genannte Monitoring-Verordnung (MVO) geändert. Die EU-Kommission passt darin die bestehenden Überwachungsregeln des EU-EHS an und schafft damit gleichzeitig die Voraussetzung für die Überwachung und Berichterstattung unter CORSIA. Im Rahmen des „Fit for 55“-Paketes legte die EU-Kommission im Juni 2021 auch einen Vorschlag zur Anpassung der EU-Emissionshandelsrichtlinie zur Umsetzung der CORSIA Verpflichtungen innerhalb der EU vor. Dieser wird im Rat und dem Europäischen Parlament beraten und sobald eine Einigung auf EU-Ebene erfolgt, wird größere Klarheit über das zukünftige Zusammenspiel von EU-EHS und CORSIA bestehen.