Band 1: Evaluation der zweiten Ausbildungsphase im Rahmen des Führerscheinklasse A-Erwerbs  VSF-Forschungsarbeit, Februar 2010

Das Ziel war die Schaffung eines in seinen Einzelelementen harmonisch aufeinander abgestimmten Kontinuums der Fahrausbildung, wodurch die Fahranfängerin/der Fahranfänger in der gefährlichsten Zeit der Fahrerkarriere nicht alleine gelassen, sondern professionell begleitet werden sollte.

Titelbild der Publikation

Die Problematik von Fahranfängerinnen- und Fahranfängerunfällen beschäftigt Politiker, Wissenschaftler, Journalisten und viele andere Berufsgruppen, die mit dem Straßenverkehr zu tun haben, beinahe seit Beginn des motorisierten Straßenverkehrs. Über die Jahre und Jahrzehnte wurden in Österreich immer wieder Maßnahmen entwickelt und umgesetzt mit dem Ziel, das Risiko von Fahranfängerinnen und -anfängern im Straßenverkehr zu reduzieren. Die verkehrspsychologische Literatur berichtet konsistent, dass Fahranfängerinnen- und Fahranfänger im Vergleich zu älteren, mehr erfahrenen Lenkerinnen und Lenker ein signifikant höheres Risiko haben, bei einem Unfall im Straßenverkehr verletzt oder gar getötet zu werden. Ein Versuch, das Problem der Fahranfängerinnen- und Fahranfängerunfällen zu entschärfen, war die gesetzliche Einführung der zweiten Ausbildungsphase für alle Führerscheinneulinge der Klasse A und B am 1. Jänner 2003 in Österreich.

Während die zweite Ausbildungsphase für die Führerscheinklasse B bereits positiv evaluiert wurde (Gatscha & Brandstätter, 2008), beschäftigt sich der vorliegende Bericht mit der Evaluierung der zweiten Ausbildungsphase für die Führerscheinklasse A. Das Modell für den Motorrad Führerscheinerwerb sieht vor, dass innerhalb von 3 bis 9 Monaten nach Führerscheinerwerb von jedem Führerscheinneuling ein weiteres Modul zu absolvieren ist, das ein Fahrsicherheitstraining und ein daran gekoppeltes verkehrspsychologisches Gruppengespräch beinhaltet.

Im Jahr 2008 beauftragte das Bundesministerium das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) eine Evaluationsstudie durchzuführen, welche die Auswirkungen dieser Maßnahme auf Unfälle, Einstellungen und Akzeptanz von jungen Fahranfängerinnen und Fahranfängern abschätzen sollte. Dazu wurde ein Evaluationsdesign entwickelt, das drei Ebenen berücksichtigte:

  • Eine Auswertung der Daten des zentralen Führerscheinregisters um die Akzeptanz der Rahmenbedingungen (zum Beispiel: Fristeneinhaltung) zu erheben,
  • eine Prozessevaluation am Tag des Fahrsicherheitstrainings und
  • Analysen von Unfällen mittels statistischen Vorher-Nachher Vergleichen.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die gesamte Maßnahme von der Zielgruppe gut akzeptiert und als praxisrelevant bewertet wird. Die Prozessevaluierung belegt, dass die Mehrphasenausbildung für die Führerscheinklasse A prinzipiell pädagogisch und didaktisch in die richtige Richtung geht, da vor allem die männlichen Teilnehmer lernen, ihren Fahrstil realistischer einzuschätzen, deren Selbstüberschätzung korrigiert wird und positive Änderungen bei sicherheitsrelevanten Einstellungen beobachtbar sind. In Bezug auf Unfallzahlen konnte mittels der statistischen Vorher-Nachher-Unfallanalysen kein Effekt der Mehrphasenausbildung nachgewiesen werden. Um die Mehrphasenausbildung für den Motorradführerschein effektiver zu machen, und damit auch eine signifikante, unfallreduzierende Wirkung zu erzielen, empfehlen wir

  1. die stärkere Verankerung bewusstseinsbildender Maßnahmen,
  2. die inhaltliche Verbesserung bestimmter Aspekte (zum Beispiel: bezüglich risikovorausschauendem Fahren),
  3. die Anpassung des Ausbildungsmodells an die Rahmenbedingungen der 3. EU-Führerscheinrichtlinie und
  4. die Einführung eines ausgereiften Qualitätssicherungssystems.

Hinweis

Haben Sie Interesse am Bericht, wenden Sie sich bitte an road.safety@bmk.gv.at.