Band 69: Mover – Jugendliche Mopedlenkerinnen und Mopedlenker und Verkehrsreife  VSF-Forschungsarbeit

Jugendliche Mopedlenker sind in der Unfallstatistik seit vielen Jahren überproportional stark vertreten. Mit diesem Projekt wurde dieser Sachverhalt aus verkehrspsychologischer Perspektive untersucht, um wissenschaftlich fundierte und evaluierte Vorschläge für eine Verringerung des Fahranfängerrisikos einbringen zu können.

Titelbild der Publikation

In einer prospektiven Längsschnittstudie wurde überprüft, ob 15-Jährige bereits über eine ausreichende Verkehrsreife verfügen, um sicher am motorisierten Straßenverkehr teilzunehmen und ob sich die Entwicklung der Verkehrskompetenzen über die normale Altersreifung hinaus durch gezielte verkehrspsychologische Kurzinterventionen, die auf die wesentlichen Unfallursachen der Zielgruppe Bezug nehmen, verbessern lassen.

Es zeigte sich, dass viele 15-jährige Mopedlenkerinnen und Mopedlenker noch nicht über eine hinreichende Verkehrsreife für eine angepasste und unfallfreie Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr verfügten. Anhand der Ergebnisse einer verkehrspsychologischen Testbatterie konnte prospektiv valide das Verkehrsverhalten während der nachfolgenden Monate vorhergesagt werden. Je niedriger das (selbst zugeschriebene) Regel- und Normenbewusstsein und je höher gleichzeitig die Neigung war, das eigene Verhalten von den Umständen und dem Verhalten von Anderen abhängig zu machen, desto mehr problematisches Verkehrsverhalten in Form von erhaltenen Strafen, Stürzen und Unfällen wurde berichtet. Auch die Testung der kognitiven und psychomotorischen Leistungsfähigkeit erwies sich als valide für die Vorhersage problematischen Verkehrsverhaltens.

Es wurden sieben verkehrspsychologische Primärpräventionsmodule mit einer Dauer von jeweils 100 Minuten entwickelt, in denen jeweils auf ein altersgruppenspezifisches Verhaltensproblem fokussiert wurde. In einer längsschnittlichen Evaluation mit Kontrollgruppendesign zeigten die Module Normen- und Regelbewusstsein, Tuning und Sicherheitsausstattung, Müdigkeit und Ablenkung, Alkohol und Soziale Einflussfaktoren positive Effekte auf der Wissens-, Einstellungs- und/oder Verhaltensebene. Lediglich das Modul Drogen und Medikamente bewährte sich nicht wie erwartet.

Das Längsschnittstudiendesign liefert ein differenziertes Bild hinsichtlich der Entwicklung der Verkehrsreife im Alter von 15 bis 16 Jahren. Im Bereich der kognitiven und sensorischen Leistungsfähigkeit kam es zu keiner Verbesserung im Bereich der Wahrnehmungsgeschwindigkeit beziehungsweise zu einer durchaus pubertätstypischen teilweisen Verschlechterung im Bereich der Gefahrenwahrnehmung. Hinsichtlich der kognitiv-psychomotorischen Verkehrskompetenzen zeigte sich in Übereinstimmung mit der selbstzugeschriebenen, über die Testzeitpunkte angestiegenen emotionalen Stabilität auch eine Verbesserung im Bereich der reaktiven Belastbarkeit.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die sehr hohen Unfallzahlen der Altersgruppe auf die noch nicht voll entwickelten Verkehrskompetenzen, insbesondere auf zwar jugendtypische, aber aus Verkehrssicherheitsperspektive ungünstige Einstellungs- und Persönlichkeitsmuster sowie Aspekte der kognitiven Leistungsfähigkeit zurückzuführen sind. Die besonders gefährdeten Jugendlichen können mithilfe eines kriteriumsvaliden verkehrspsychologischen Screenings identifiziert werden. Zur Risikominimierung wird ein verstärkter Fokus auf die sozial-emotionalen Aspekte der Verkehrsreife in der Mopedführerscheinausbildung empfohlen. Besonders geeignet für eine Erweiterung der Ausbildung ist das auf die Hauptunfallursache Ablenkung fokussierende und hinsichtlich aller drei untersuchten Wirkebenen (Wissen, Einstellung und Verhalten) positiv evaluierte Modul Müdigkeit und Ablenkung. Es ist davon auszugehen, dass sich die weitere Anwendung der Mover-Module in der Fahrschulausbildung oder im Rahmen anderer primärpräventiver Verkehrserziehungsangeboten günstig auf das Verkehrsverhalten und somit die Verkehrssicherheit und die Unfallzahlen von jugendlichen Mopedlenkern auswirken wird.